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GMS Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie

Deutsche Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie e.V. (GMDS)

ISSN 1860-9171

Medizinische Bild- und Signalverarbeitung

Editorial

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  • corresponding author Thomas Wittenberg - Department for Image Processing & Biomedical Engineering, Fraunhofer-Institute for Integrated Circuits IIS, Erlangen, Germany Externer Link
  • Thomas M. Deserno - Department of Medical Informatics, RWTH Aachen University, Aachen, Germany

GMS Med Inform Biom Epidemiol 2009;5(3):Doc21

doi: 10.3205/mibe000100, urn:nbn:de:0183-mibe0001009

Veröffentlicht: 4. August 2009

© 2009 Wittenberg et al.
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Vorwort der Herausgeber

Einleitung

Die computergestützte Auswertung digitaler medizinischer Bilder und Signale ist seit drei Jahrzehnten ein großes, interdisziplinäres Forschungsfeld [1]. Auch in der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie (GMDS e.V.) wird dies durch aktive und über Jahrzehnte hinweg kontinuierliche Mitgliederarbeit in den Arbeitsgruppen des Fachbereiches Medizinische Informatik deutlich. Seit 2006 sind die bis dahin eigenständigen Arbeitsgruppen „Medizinische Bildverarbeitung“ und „Medizinische Signalverarbeitung“ zur Arbeitsgruppe „Medizinische Bild- und Signalverarbeitung“ (GMDS-AG-MBSV, http://irma-project.org/gmds) miteinander verschmolzen. Diese Arbeitsgruppe ist seit 2008 nunmehr auch Arbeitskreis (GI-AK-MBSV) im Fachbereich Informatik in den Lebenswissenschaften (FB ILW) der Gesellschaft für Informatik (GI e.V.). Diese vereinigte Arbeitsgruppe versteht sich als Forum zur Förderung des Austauschs von Ergebnissen und Erfahrungen aus Forschung und Anwendung der medizinischen Bild- und Signalverarbeitung im deutschsprachigen Raum. Ziele sind die stärkere Vernetzung der medizinischen Bild- und Signalverarbeiter in Hochschulen, Forschungseinrichtungen und der Industrie auf der Grundlage eines offenen interdisziplinären Dialogs mit den Anwendern aus der Medizin. Hierzu werden regelmäßig Workshops veranstaltet, die sich mittlerweile im deutschsprachigen Raum als beliebte Treffpunkte und Kommunikationsplattformen etabliert haben.

BVM 2008

An den Workshops „Bildverarbeitung für die Medizin“ (http://www.bvm-workshop.org), die seit 1993 jährlich an wechselnden Orten veranstaltet werden, nehmen seit mehreren Jahren 200–300 Kolleginnen und Kollegen teil, davon rund 100 aktiv mit wissenschaftlichen Beiträgen oder als Organisatoren und Moderatoren. So auch letztes Jahr auf dem Workshop in Berlin, der vom 6. bis 8. April stattfand. Der Tagungsband wurde als zwölfter Band einer seit 1996 begonnen Serie in der Springer-Reihe „Informatik Aktuell“ publiziert [2]. Erstmalig wurde bei diesem Workshop neben den bereits etablierten BVM Preisen auch ein mit 1000 Euro dotierter BVM-Award vergeben, eine von der Firma Chili in Heidelberg gestiftete Auszeichnung, die unabhängig von Präsentationen auf der BVM für eine herausragende Arbeit auf dem Gebiet der medizinischen Bildverarbeitung vergeben wird.

Biosignalverarbeitung 2008

Unter der Schirmherrschaft der Fachausschüsse „Biosignale - Informationsverarbeitung in Medizin und Biowissenschaften“ und „Magnetische Methoden in der Medizin“ der Deutschen Gesellschaft für Biomedizinische Technik (DGBMT) im Verband der Elektrotechnik Elektronik Informationstechnik (VDE e.V.) fand am 16.–18. Juli an der Universität Potsdam erstmalig auch mit Beteiligung der GMDS-AG-MBSV der Workshop „Biosignalverarbeitung 2008“ statt, der seit 2006 alle zwei Jahre veranstaltet wird. Das Motto des Workshops lautete: „Innovationen bei der Erfassung und Analyse bioelektrischer und biomagnetischer Signale“. Schwerpunkte der Veranstaltung mit eingeladenen und freien Vorträgen waren speziell neue Methoden zur Ischämiediagnostik, mehrdimensionale Datenzerlegung und Quellenrekonstruktion in der klinischen Anwendung.

Sonderhefte

Beide Workshops richten sich insbesondere an junge Nachwuchswissenschaftler, Absolventen und Doktoranden zum Austausch neuer Ideen, Verfahren und Erkenntnisse. Das gemeinsame Ziel der unterschiedlichen Disziplinen aus Medizin, Informatik, Physik, Elektrotechnik und Medizintechnik ist es, Algorithmen, Methoden, Verfahren und Systeme zu erforschen, zu entwickeln und anzuwenden, um klinische Experten, Medizinisch-Technische Assistenten und vor allem auch die Patienten selbst bei der Aufnahme, Auswertung, Visualisierung und Interpretation klinischer Messdaten und Vitalparameter zu unterstützen. Durch die Interaktion und Synergie zwischen Mensch und Maschine bei der Auswertung von medizinischen Bildern und Biosignalen ergeben sich neue Möglichkeiten für

  • die Prävention und das post-operative Monitoring,
  • bei der Befundungs- und Diagnoseunterstützung sowie
  • bei der Planung, Durchführung und Verlaufskontrolle von geeigneten Interventionen.

Auf beiden Workshops werden immer wieder Arbeiten auf höchstem Niveau vorgestellt, die dann zu Sonderheften, Special Issues oder Special Topics in namhaften internationalen Zeitschriften führen [3], [4], [5]. So wurde auch dieses Sonderheft „Medizinische Bild- und Signalverarbeitung“ in „German Medical Science (GMS) Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie“ konzipiert und zusammengestellt.

Themen dieses Sonderheftes

Die ausgewählten Beiträge basieren auf Kurzfassungen, die von den Autoren auf den genannten Workshops „Bildverarbeitung für die Medizin 2008“ in Berlin und „Biosignalverarbeitung 2008“ in Potsdam präsentiert wurden.

Die Arbeit von Sanz & Schüpbach: „Kardiogoniometrie: eine elektrokardiografische, nicht-invasive und belastungsfreie Methode zur Erkennung der kardialen Ischämie“ greift das Thema der Vitalparameterauswertung im Kontext der Prävention und des Monitoring am Beispiel von Elektrokardiographie (EKG)-Sequenzen auf [6]. Die kardialen Potentiale werden in einem orthogonalen dreidimensionalen (3D) System gemessen, vektoriell summiert und erlauben eine Erkennung der Myokardischaemie. Interessanter Weise sind die Prinzipien, auf der diese neue Methode beruht, schon seit langer Zeit bekannt, haben sich aber bislang im medizinischen Alltag noch nicht durchsetzen können.

Der Bereich einer bildbasierten Befundungsunterstützung wird von der Arbeit von Forkert et al.: „Hämodynamische Analyse und Klassifikation der Gefäßstrukturen bei Patienten mit zerebralen arteriovenösen Malformationen“ aufgegriffen [7]. Für die diagnostische Beurteilung der zerebralen arteriovenösen Malformation (AVM), die zu neurologischen Ausfällen sowie zu dysplastischen Veränderungen der Gefäße führen kann, wird ein Verfahren vorgestellt, bei dem auf 3D und vierdimensionalen (4D) Magnetresonanztomographie (MRT)-Bilddaten das Gefäßsystem des Gehirns segmentiert und durch eine kombinierte Analyse von Intensität, Geschwindigkeit und des relativen Einflusszeitpunktes des Blutes charakterisiert und visualisiert wird. Die rasante Entwicklung in der Computertechnik macht es möglich, dass Volumendatensätze als Film über die Zeit hinweg aufgenommen werden können, und diese immensen Datenmengen mit neuen Methoden der medizinischen Bildverarbeitung automatisch analysiert werden können.

Beiträge zur interaktiven, bildbasierten Planung von Interventionen bilden die beiden Arbeiten von Tingelhoff et al.: „Semi-Automatische Orbita-Segmentierung in CT-Bilddaten“ [8] sowie von Deserno et al.: „Ein routine-integrierbares Planungswerkzeug zur operativen Rekonstruktion der Orbita“ [9], die sich beide mit der Segmentierung der Orbita in 3D Computertomographie (CT)-Daten beschäftigen.

Die Arbeit von Tingelhoff et al. stellt ein interaktives, mehrstufiges Verfahren im Kontext der Interventionsplanung minimalinvasiver endoskopischer Eingriffe an den Nasennebenhöhlen vor. Auf der Basis der extrahierten Information über die Lage, Form, Ausdehnung und Schwerpunkte der beiden Orbitae soll letztendlich ein Roboter ein Endoskop bezüglich dieser Landmarken automatisch ausrichten können.

Alternativ dazu beschreiben Deserno et al. ein Planungswerkzeug für die operative Rekonstruktion des Orbitabodens, bei denen vor allem das Orbitavolumen korrekt wiederhergestellt werden muss, damit die Sehfähigkeit des Patienten nicht beeinträchtigt wird. Das semiautomatische Segmentierungsverfahren basiert auf aktiven Konturmodellen. Darüber hinaus adressiert diese Arbeit aber auch die Integration der Methodik in den klinischen Alltag, um den Operateur bei der Planung und Kontrolle der Intervention direkt zu unterstützen.

Ausblick

Die Integration von Methodiken der digitalen Bild- und Signalverarbeitung in die Routinemedizin ist eine Herausforderung, der sich die medizinischen Bild- und Signalverarbeiter in zunehmendem Maße stellen werden [3]. Nur wenn es gelingt, die Analyseverfahren hinreichend robust zu gestalten, so dass sie auch bei den unterschiedlichen Routinequalitäten in der Bild- und Signalerzeugung verlässlich anwendbar werden, kann diese Integration nachhaltig erfolgen. Standardisierung, Interoperabilität und Technologietransfer stehen damit im Fokus künftiger Forschung [10]. Nur so kann die medizinische Bild- und Signalverarbeitung fester Bestandteil künftiger medizinischer Informationssysteme werden, die sich in zunehmendem Maße von textbasierten zu bildbasierten Inhalten wandeln werden [11]. Wie dieses Sonderheft eindrucksvoll zeigt, stellen sich die Mitglieder unserer Arbeitsgruppe auch weiterhin aktiv dieser Herausforderung.


Literatur

1.
Lehmann TM, Aach T, Witte H. Sensor, signal and image informatics. State of the art and current topics. Methods Inf Med. 2006;45 Suppl 1:S57-67. Available from: http://www.schattauer.de/index.php?id=1268&pii=meme06010057&no_cache=1 Externer Link
2.
Tolxdorff T, Braun J, Deserno TM, Handels H, Horsch A, Meinzer HP, Hrsg. Bildverarbeitung für die Medizin 2008 - Algorithmen, Systeme, Anwendungen. Proceedings des Workshops vom 06. bis 08. April 2008 in Berlin. Berlin: Springer-Verlag; 2008. ISBN 978-3-540-78639-9.
3.
Lehmann TM, Meinzer HP, Tolxdorff T. Advances in biomedical image analysis. Past, present and future challenges. Methods Inf Med. 2004;43:308-14. Available from: http://www.schattauer.de/index.php?id=749&no_cache=1&artikel=552 Externer Link
4.
Horsch A, Deserno TM, Handels H, Meinzer HP, Tolxdorff T. BVM 2007 German conference on medical image processing. Int J Comp Ass Radiol Surg. 2008;2:253-4. DOI: 10.1007/s11548-008-0147-3 Externer Link
5.
Tolxdorff T, Deserno TM, Handels H, Meinzer P. Advances in medical image computing. Methods Inf Med. 2009. Im Druck.
6.
Sanz E, Schüpbach M. Kardiogoniometrie: eine elektrokardiografische, nichtinvasive und belastungsfreie Methode zur Erkennung der kardialen Ischämie. GMS Med Inform Biom Epidemiol. 2009;5(3):Doc20. Available from: http://www.egms.de/en/journals/mibe/2009-5/mibe000099.shtml Externer Link
7.
Forkert ND, Säring D, Fiehler J, Illies T, Möller D, Handels H. Hämodynamische Analyse und Klassifikation der Gefäßstrukturen bei Patienten mit zerebralen arteriovenösen Malformationen. GMS Med Inform Biom Epidemiol. 2009;5(3):Doc19. Available from: http://www.egms.de/en/journals/mibe/2009-5/mibe000098.shtml Externer Link
8.
Tingelhoff K, Eichhorn KW, Wagner I, Rilk M, Bootz F. Semi-automatische Orbita-Segmentierung in CT-Bilddaten. GMS Med Inform Biom Epidemiol. 2009;5(3):Doc18. Available from: http://www.egms.de/en/journals/mibe/2009-5/mibe000097.shtml Externer Link
9.
Deserno TM, Liao W, Metzger MC, Kleiner ME, Schulze D. Ein routineintegrierbares Planungswerkzeug zur operativen Rekonstruktion der Orbita. GMS Med Inform Biom Epidemiol. 2009;5(3):Doc17. Available from: http://www.egms.de/en/journals/mibe/2009-5/mibe000096.shtml Externer Link
10.
Horsch A, Lehmann TM. Standardization, interoperability and technology transfer in medical image processing. Healthcare IT Management. 2006;1:24-7.
11.
Haux R. Health information systems. Past, present, future. Int J Med Inform. 2006;75(3-4):268-81. DOI: 10.1016/j.ijmedinf.2005.08.002 Externer Link