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GMS Medizin — Bibliothek — Information.

Arbeitsgemeinschaft für Medizinisches Bibliothekswesen (AGMB)

ISSN 1865-066X

Ein Vergleich des Sachstands der Vermittlung von Informationskompetenz (IK) in verschiedenen Disziplinen der Lebenswissenschaften. Ergebnisse einer Online-Befragung von Bibliothekaren universitärer und außeruniversitärer Einrichtungen in Deutschland

Poster AGMB-Jahrestagung in Berlin 2013

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  • corresponding author Bettina Kullmer - Deutsche Zentralbibliothek für Medizin, Abteilung Informationskompetenz, Köln, Deutschland

GMS Med Bibl Inf 2013;13(3):Doc32

doi: 10.3205/mbi000296, urn:nbn:de:0183-mbi0002969

Veröffentlicht: 10. Januar 2014

© 2014 Kullmer.
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Ausgangslage und Aufgabenstellung

Das 2011 von einer Expertenkommission veröffentlichte „Gesamtkonzept für die Informationsinfrastruktur in Deutschland“, sieht in der „Informationskompetenz“ eine zentrale Schlüsselkompetenz in der Aus- und Weiterbildung von Wissenschaftlern. Innerhalb der dort genannten acht informationsbezogenen Handlungsfelder (1. Lizenzierung, 2. Hosting/Langzeitarchivierung, 3. nichttextuelle Materialien, 4. Retrodigitalisierung/kulturelles Erbe, 5. virtuelle Forschungsumgebungen, 6. Open Access, 7. Forschungsdaten, 8. Informationskompetenz/Ausbildung) – relevant für sämtliche wissenschaftlichen Disziplinen – nimmt die IK jedoch eine Querschnittsaufgabe ein, indem sie die Entwicklungen aller anderen Handlungsfelder widerspiegelt. Die fachspezifische Informationskompetenz ergibt sich aus der Integration von Anforderungen und Besonderheiten des Arbeitens in der jeweiligen wissenschaftlichen Community. Die zentralen Fachbibliotheken böten die besten Voraussetzungen die fachspezifische Informationskompetenz an die „Informationsvermittler für Endnutzer“ – die Multiplikatoren, überwiegend Bibliothekare – zu vermitteln. Auch der 2012 erschienene Evaluierungsbericht der ZB MED empfahl ihr unter anderem eine Neuausrichtung und Schwerpunktsetzung von Dienstleistungen und Produkten im Rahmen dieser Handlungsfelder. Die systematische, fachspezifische und zentrale IK-Vermittlung wurde als potentielles Aufgabenfeld der ZB MED erkannt. Mit der bundesweiten, im Frühjahr 2013 durchgeführten Befragung galt es zu ermitteln, inwieweit IK-vermittelnde Bibliothekare Optimierungspotentiale für ihre IK-Tätigkeit sehen und welche Unterstützung sie sich dabei von der ZB MED wünschen (Anhang 1 [Anh. 1]).


Vorgehensweise

An einer geschlossenen Online-Befragung unter Informationskompetenz-Vermittelnden (IK) in den Lebenswissenschaften nahmen insgesamt 121 Personen teil. Die Teilnehmenden waren drei Gruppen zugeordnet: IK-Vermittelnde im Bereich „Medizin und Gesundheit“, IK-Vermittelnde im Bereich „Ernährung, Umwelt und Agrarwissenschaften“ – beide Gruppen im Hochschulbereich – sowie eine dritte Gruppe, die beide Fächergruppen im außeruniversitären Bereich (Kliniken, Behörden, Pharma- und Gesundheitsindustrie, Forschungseinrichtungen) umfasste. Teilnehmende, die nicht in Bibliotheken mit lebenswissenschaftlicher Ausrichtung tätig waren, wurden ausgeschlossen. Daher konnten nur 70 Fragebogen ausgewertet werden (31 „Medizin und Gesundheit (MG)“, 10 „Ernährung, Umwelt und Agrarwissenschaften (EUA)“, 28 außeruniversitäre Einrichtungen (AU)).


Befunde

Die Ergebnisse zeigen, dass klassische Präsenzschulungen bei der fachspezifischen Vermittlung von Informationskompetenz an Hochschulen flächendeckend dominieren. E-Learning (Online-Tutorials) wird allenfalls als Ergänzung verwendet, nicht jedoch als eigenständiges Format (das Präsenzschulungen ersetzen könnte). Entsprechend werden Lernplattformen oder Softwareprodukte zur IK-Vermittlung nicht oder nur zögerlich benutzt. Einige Befragte gaben an, dass die an den Hochschulen bereits eingesetzten Plattformen für die IK-Vermittlung ungeeignet seien.

Auch werden mit den IK-Angeboten nicht alle potentiellen Zielgruppen erreicht. Die Gründe hierfür sind vielfältig: knappe zeitliche und personelle Ressourcen, mangelndes Interesse bei den Adressaten, unzureichende Unterstützung durch Leitungsgremien, ungenügende Kooperation mit Einrichtungen, die verwandte Schlüsselkompetenzen (z.B. Computerkompetenz, Internetkompetenz, E-Learning-Kompetenz, E-Publishing etc.) vermitteln.

Die Vermittlung von Informationskompetenz beschränkt sich überwiegend auf den Bereich „Recherche und Nachweis bzw. Beschaffung“ von Informationen. Kenntnisse über andere Schritte im Prozess des Informationsmanagements und der Wissensgenerierung – wie z.B. die Bestimmung des Informationsbedarfs, die Evaluierung von ermittelten Informationen und die rechts- und ethikkonforme Nutzung von Informationen – werden nicht standardmäßig an den Hochschulbibliotheken vermittelt.

Die außeruniversitäre Gruppe zeigte sich im Vergleich zu den beiden Hochschulgruppen weniger auskunftsfreudig; insbesondere zu den Kernfragen zur Rollenzufriedenheit und den eigenen Optimierungsvorstellungen im IK-Bereich durch die Zusammenarbeit mit einer zentralen Informationseinrichtung (ZB MED) wurden wenig dezidierte Aussagen gemacht. Bei dieser Gruppe wurde auch die Bedeutung der IK durchschnittlich am niedrigsten eingestuft. Mit dem geringsten Anteil aller drei Gruppen, aber dennoch von mehr als der Hälfte der Befragten, wurde eine Unterstützung bei der IK-Rolle gewünscht.

Die Mehrheit der Befragten aller drei Gruppen (MG: 87%; EUA: 60%; AU: 55%) befürwortet eine Unterstützung ihrer IK-Vermittlungstätigkeiten durch eine zentrale Einrichtung wie die ZB MED.

Insbesondere wurden favorisiert:

  • die Bereitstellung einer fachspezifischen Sharing-Plattform für Online-Tutorials für alle lebenswissenschaftlichen Fächer
  • die Hilfe beim Erstellen fachspezifischer Online-Tutorials und
  • die Unterstützung beim Vermitteln technischer Kompetenz

durch die ZB MED.

Von der ZB MED erwartet wird insgesamt eine starke Leuchtturmfunktion als

  • Scout neuer Trends & Technologien („Emerging Technologies“),
  • Fortbilder- und Berater („Train-the-Trainer“) und als
  • Mentor und Wegbereiter („Schaffung von Standards und Konzepten“).

Ausblick

Die ZB MED befindet sich in einem strategischen Neuausrichtungsprozess. Grundlage hierfür ist eine breitangelegte Markt- und Zielgruppenanalyse, durchgeführt von einer externen Firma. Die Erkenntnisse – einschließlich dieser Befragung – definieren eine neue Strategie, die sowohl bestehende als auch neue Produkte und Dienstleistungen der ZB MED sowie deren Weiterentwicklung integriert.


Anmerkung

Interessenkonflikte

Die Autorin erklärt, dass sie keine Interessenkonflikte in Zusammenhang mit diesem Artikel hat.