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GMS Medizin — Bibliothek — Information.

Arbeitsgemeinschaft für Medizinisches Bibliothekswesen (AGMB)

ISSN 1865-066X

Das DFG-Sondersammelgebiet Pharmazie der Universitätsbibliothek Braunschweig

DFG-Special Subject Collection Pharmacy of Braunschweig University Library

Fachbeitrag

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  • corresponding author Stefan Wulle - Universitätsbibliothek Braunschweig, Braunschweig, Deutschland Externer Link

GMS Med Bibl Inf 2011;11(1-2):Doc08

doi: 10.3205/mbi000223, urn:nbn:de:0183-mbi0002235

Veröffentlicht: 14. September 2011

© 2011 Wulle.
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Zusammenfassung

Mit dem Sondersammelgebiet Pharmazie besitzt die Universitätsbibliothek Braunschweig den größten Bestand pharmazeutischer Literatur in Mitteleuropa. Hier wurde durch die Förderung der DFG, der Deutschen Forschungsgemeinschaft, eine überragende Sammlung der internationalen Fachliteratur aufgebaut. Das Sondersammelgebiet besteht seit 1949 und ist vor allem ab den 70er Jahren des vergangenen Jahrhunderts mit nachhaltiger Unterstützung der DFG stark gewachsen. Heute umfasst die Sammlung über 51.000 Bücher und über 600 Pharmaziezeitschriften aus aller Welt werden aktuell abonniert. Die ‘Virtuelle Fachbibliothek Pharmazie‘ stellt Fachinformationen, konventionelle und elektronische Dokumente, Internetobjekte und Datenbankinhalte aus dem Bereich der Pharmazie in einem Internetportal bereit.

Schlüsselwörter: Universitätsbibliothek Braunschweig, Pharmazie, Sondersammelgebiet der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG), Arzneimittelinformation, Virtuelle Fachbibliothek Pharmazie (ViFaPharm)

Abstract

The Special Subject Collection of Braunschweig University Library is the most extensive collection of pharmaceutical literature in Central Europe. For some 62 years the Deutsche Forschungsgemeinschaft, DFG, has supported the Special Subject Collection of Pharmacy that now involves about 51,000 monographs and more than 600 journal subscriptions. The aim of the Virtual Library of Pharmacy is the global detection of conventional and electronic sources, internet items and database contents for the subject of pharmacy through a single portal.

Keywords: Braunschweig University Library, pharmacy, Special Subject Collection, German Research Foundation (DFG), drug information, Virtual Library of Pharmacy


Das DFG-Sondersammelgebiet Pharmazie der UB Braunschweig

DFG-Sondersammelgebiete

Sondersammelgebiete bilden ein System der überregionalen Literaturversorgung von Wissenschaft und Forschung in Deutschland. Leistungsfähige Bibliotheken kooperieren dabei miteinander mit dem Ziel, jedes wissenschaftlich relevante Buch und jede relevante Zeitschrift in mindestens einem Exemplar zu erwerben und der Forschung bei Bedarf zur Verfügung zu stellen. Die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) fördert hierbei eine verteilte nationale Forschungsbibliothek, die von 23 Staats- und Universitätsbibliotheken gebildet wird. Neben den zentralen Fachbibliotheken, zu denen die Technische Informationsbibliothek Hannover und die Deutsche Zentralbibliothek für Medizin in Köln gehören, sind es die Sondersammelgebietsbibliotheken, die systematisch fachlich spezialisierte wissenschaftliche Literaturversorgungs- und Informationssysteme aufgebaut haben [1].

Zur Geschichte der Universitätsbibliothek Braunschweig und des Sondersammelgebietes Pharmazie

Was waren die Gründe dafür, dass 1949 das Sondersammelgebiet Pharmazie nach Braunschweig vergeben wurde? Der Bibliotheksausschuss der Notgemeinschaft der deutschen Wissenschaft hat 1950 Kriterien dafür genannt und „die Tradition der Bibliothek auf den jeweiligen Gebieten, die Tradition der Universität und die Tradition der Lehrstühle des Fachgebietes“ als ausschlaggebend bezeichnet [2]. Diesen Traditionen soll kurz nachgegangen werden.

Die Universitätsbibliothek wurde am 18. Mai 1748 als Bibliothek des Collegium Carolinum eröffnet. Diese Vorläufereinrichtung der heutigen Technischen Universität ist 1745 gegründet worden. Die Bibliothek ist damit nicht nur die älteste ununterbrochen existierende Einrichtung der TU Braunschweig, sondern auch die älteste Bibliothek einer TH/TU in Deutschland.

Im Zuge einer Reorganisation des Collegium Carolinum ist seit 1835 die Pharmazie in Braunschweig als Hochschulfach vertreten. Nach der Reichsgründung 1871 wurde der Besuch der Braunschweiger Hochschule einer Universitätsausbildung gleichgestellt. Dies war ein besonderes Privileg, da erst 1899 die Technischen Hochschulen mit den Universitäten auf eine Stufe gestellt wurden.

Einzigartig in Deutschland war die sehr frühe Gründung eigenständiger Institute sowohl für Pharmakognosie (heutige Pharmazeutische Biologie) und auch für angewandte Pharmazie (heutige Pharmazeutische Technologie). Nach dem Zweiten Weltkrieg gelang dann, trotz erheblicher Zerstörungen der Gebäude ein zügiger Wiederaufbau mit sehr guten Voraussetzungen für eine moderne pharmazeutische Forschung und für eine moderne Ausbildung der Apothekerinnen und Apotheker. Braunschweig ist der einzige Hochschulstandort der Pharmazie im Land Niedersachsen.

Die Bibliothek hatte durch weitgehende Auslagerung der Bände im Zweiten Weltkrieg vergleichsweise wenige Verluste erlitten. In der Nachkriegszeit gab es wechselnde Notunterkünfte, darauf eine Unterbringung im Hauptgebäude der Hochschule und 1971 konnte – endlich – ein eigenes Bibliotheksgebäude mit 8.000 m² Nutzfläche bezogen werden. 1996 wurde das millionste Buch erworben und 1997 ein Erweiterungsbau eingeweiht, der die Nutzfläche um weitere 4.000 m² erhöhte. Heute umfasst der Bestand über 2,2 Millionen Medien, davon über 1,4 Millionen Bücher (Abbildung 1 [Abb. 1]).

Zur Entwicklung des Sondersammelgebietes nach 1949 ist festzuhalten, dass die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) in der Anfangszeit nur die Beschaffung von Zeitschriften förderte. Die damals aktuellen Jahrgänge und besonders die Schließung kriegsbedingter Lücken standen dabei im Vordergrund. Der verfügbare Finanzrahmen war aus heutiger Sicht bescheiden. Durch eine zentrale Erwerbung über die DFG in Bonn floss zunächst auch kein Geld direkt an die Bibliothek. Erst später wurden dieser die Mittel für den Buch- und Zeitschriftenkauf zugewiesen [3].

In den 70er Jahren des vergangenen Jahrhunderts kam es zu einer beachtlichen Erweiterung: Der damalige Betreuer des Sondersammelgebietes, Dr. Johannes Krause, an der UB Braunschweig von 1970 bis 1979 tätig, erstellte eine Desideratenliste bei den Zeitschriftentiteln. Die DFG stellte dann Geld für einen überproportionalen Ausbau bereit, und in der Folge stieg die Zahl der Abonnements der Pharmaziezeitschriften auf über 400 an. Auch in den 80er Jahren, das Sondersammelgebiet lag in den Händen des heutigen Bibliotheksdirektors, Prof. Dr. Dietmar Brandes, wurde die Zahl der Abonnements wiederum erheblich vermehrt und Bestandslücken durch Rückergänzungen geschlossen.

Die pharmazeutischen Bestände

Im Sondersammelgebiet Pharmazie konnte während der 62 Jahre seines Bestehens der größte Bestand pharmazeutischer Literatur in Mitteleuropa aufgebaut werden. Neben den 600 Abonnements umfasst er heute über 51.000 Monographien, davon ca. 7.900 Publikation in elektronischer Form und jährlich kommen etwa 1.000 hinzu (Abbildung 2 [Abb. 2]).

Zweifellos liegt in der Fülle der Pharmaziezeitschriften aus aller Welt die größte Stärke des Sondersammelgebietes der Universitätsbibliothek Braunschweig. Dabei stehen natürlich die aktuellen Zeitschriften im Vordergrund. Unter den 600 Abonnements finden sich Zeitschriften, die international ein sehr hohes Renommee genießen. Daneben gibt es eher regional bedeutende Titel, die sich einem geographischen Raum widmen und eine Plattform für Autoren der betreffenden Länder bieten. Neben Zeitschriften, die die gesamte Breite des Faches abdecken, gibt es auch Titel für spezielle Teilgebiete, und neben den rein wissenschaftlichen Zeitschriften finden sich Periodika, die Praxis und Wissenschaft verbinden, etwa mit der Zielgruppe der Offizinapothekerinnen und Offizinapotheker oder auch Publikationen für die Pharmazeutische Industrie. Dabei liegen zahlreiche Titel parallel in elektronischer Form vor und die Mehrzahl der Lizenzverträge mit den Verlagen erlaubt dabei auch die überregionale Lieferung von Kopien im Leihverkehr.

2004 startete die DFG das Programm zum Erwerb nationaler Lizenzen von wissenschaftlich bedeutsamen Datenbanken, aber auch Zeitschriftenpaketen. So wurden ‘Backfiles’ wichtiger Verlage erworben, die deutschlandweit den Hochschulen zugänglich sind und dazu beitrugen, die Literaturversorgung der Wissenschaft zu verbessern. Bibliotheksetats erhielten dadurch wieder mehr Spielraum bei den laufenden Abonnements und vor allem für die Kompensation der Preissteigerungen bestehender Angebote. Zu den Nationallizenzen zählen in der Pharmazie viele einschlägige Titel großer Verlage. So steht durch frühere, kooperativ mit anderen Bibliotheken gestellte Anträge des Sondersammelgebietes z. B. das Elsevier-Paket ‘Pharmacology, Toxicology and Pharmaceutics’ mit 55 Titeln zur Verfügung (u.a. mit den Zeitschriften ‘European Journal of Pharmaceutical Sciences’, ‘European Journal of Pharmaceutics and Biopharmaceutics’, ‘International Journal of Pharmaceutics’). Auch in weiteren Paketen anderer Verlage gibt es einschlägige Titel, beispielhaft seien aus einem Paket des Verlages Wiley das ‘Archiv der Pharmazie’ oder das ‘Journal of Pharmaceutical Sciences’ genannt.

Bei den ca. 51.000 Monographien der Pharmazie werden alle Bereiche der Pharmazie abgedeckt, so dass neben der Pharmazeutischen Chemie, der Pharmazeutischen Technologie, der Pharmazeutischen Biologie und der Pharmakologie auch die Themen Arzneimittelforschung und -entwicklung vor allem im Hinblick auf die pharmazeutische Industrie berücksichtigt ist. Weiterhin werden Titel zu gesundheitsökonomischen, administrativen oder rechtlichen Aspekten der Arzneimittelversorgung und des Arzneimittelmarktes erworben. Dazu kommen Bücher zum Apothekenwesen, Werke zu (legalen und illegalen) Drogen, zum Arzneimittel- und Apothekenrecht und zur Geschichte der Pharmazie, u.a. zur Apothekengeschichte.

Kaum ein Gebiet ist besser geeignet, die Breite der Braunschweiger Pharmazieliteratur zu veranschaulichen als das Thema Heilpflanzen, finden sich doch ca. 5.000 Titel dazu im Bestand. Zeitlich erstrecken sich die Werke über die Jahrhunderte: Zu den ältesten dieser Bibliothek gehören die Kräuterbücher, also Kompendien, die Heilpflanzen und Arzneidrogen beschreiben und ihre medizinischen Anwendungsgebiete nennen. Eine Inkunabel, der ‘Gart der Gesundheit’ aus dem Jahr 1485, ist das älteste Buch im diesem Bestand. Räumlich finden sich Bücher aus beinahe allen Regionen der Welt im Besitz der UB. Sie beschreiben die dort einheimischen Heilpflanzen, berichten vielfach über ihre traditionelle Verwendung und behandeln die Phytotherapie der jeweiligen Völker. Damit liefern sie wertvolle Hinweise auf die pharmakologische Aktivität von Inhaltsstoffen einer Pflanzenart, so dass es lohnenswert erscheint, diese mit modernen Methoden im Labor zu untersuchen.

Der finanzielle Aufwand für den Buch- und Zeitschriftenerwerb ist beträchtlich. Die Pharmazie weist – wie andere Naturwissenschaften auch – eine vergleichsweise hochpreisige Literaturproduktion auf. Die beachtliche Entwicklung der DFG-Förderung über die letzten Jahrzehnte zeigt Tabelle 1. [Tab. 1]

Insgesamt sind ca. 4 Millionen Euro von der DFG für die Erwerbung der ausländischen pharmazeutischen Literatur nach Braunschweig geflossen. Dazu kommen die sogenannten Eigenleistungen mit ca. 2 Millionen EUR. Aktuell liegt die Höhe der Drittmittel für das Sondersammelgebiet, d. h. die DFG-Förderung, bei ca. 300.000 EUR pro Jahr.

Erschließung

Die inhaltliche Erfassung der Fachzeitschriften gehört zu den wichtigen Aufgaben des Sondersammelgebietes Pharmazie. Dazu werden Inhaltsverzeichnisse von pharmazeutischen Zeitschriften in der Universitätsbibliothek von Studierenden im Angestelltenverhältnis in die Online-Contents-Datenbank des Gemeinsamen Bibliotheksverbundes (GBV) überführt (Abbildung 3 [Abb. 3]). Daraus entsteht, zusammen mit anderen vom GBV hinzu erworbenen Daten, ein fachbezogener Ausschnitt: Der Sondersammelgebietskatalog Pharmazie. Dieser ist ein Bestandteil der Virtuellen Fachbibliothek Pharmazie. Darin sind neben den Monographien des Faches bibliographische Angaben zu ca. 950.000 Aufsätzen aus 380 Pharmaziezeitschriften zu finden.

Auch bei den Monographien werden die Katalogisate mit Inhaltsverzeichnissen angereichert. Diese werden dazu gescannt und mit einer Software zur Texterkennung bearbeitet, so dass sie recherchierbar sind. Dazu wurde 2007 mit Sondermitteln des GBV ein Grundstock von 12.000 Titeln erfasst. Jetzt hat die UB Braunschweig für den Neuzugang das Verfahren in den Geschäftsgang integriert. Insgesamt weisen ca. 17.000 Monographien-Katalogisate des Faches Inhaltsverzeichnisse auf. Selbstverständlich sind diese nicht nur im Verbundkatalog des GBV oder im OPAC der UB Braunschweig zu finden, sondern sind Bestandteil des Sondersammelgebietskataloges Pharmazie und damit in die Virtuelle Fachbibliothek Pharmazie integriert.

Neben der Erwerbung konventioneller Titel wird die Akquisition von Internetquellen immer bedeutender, da sich hier mehr und mehr diejenigen Schriften finden, die noch vor einigen Jahren in gedruckter Form als ‚graue Literatur‘ herausgegeben wurde und die selbstverständlich zum Erwerbungsprofil der Sondersammelgebiet zählt. Es sind bisher 2.300 derartige Titel erfasst und archiviert worden und auf insgesamt 6.900 Titel im Bereich der Internetquellen wird dauerhaft verlinkt.

Überregionale Nutzung

Die überregionale Nutzung ist als ein wesentliches Leistungskriterium in den jährlichen Rechenschaftsberichten des Sondersammelgebietes zu dokumentieren. Dazu gehören die Lieferungen in der Fernleihe und die Direktbestellungen über den Dienst ‘subito – Dokumente aus Bibliotheken e. V.’ Beim subito-Verein zählte die Universitätsbibliothek Braunschweig übrigens zu den Gründungsmitgliedern. Außerdem ist die Besonderheit zu erwähnen, dass hier ein System für die Online-Dokumentenlieferung (Gefjon) entwickelt wurde, bei dem die Verwaltung der Bestellungen über das Datenbanksystem allegro realisiert wurde. Seit 1980 wird allegro kontinuierlich an der Universitätsbibliothek Braunschweig entwickelt. Es ist nach Zahl der Installationen die erfolgreichste Bibliothekssoftware (mindestens) europaweit und wird in Kürze potentiellen Entwicklern als Open-Source-Software zur Verfügung stehen.

Die Braunschweiger Lösung für die Dokumentlieferung hat sich bewährt, da mit ihr ein einfach zu bedienendes und robustes Liefersystem vorliegt, das dem Verwalter keine detaillierten Systemkenntnisse abverlangt und mit unterschiedlichsten Scannertypen zusammenarbeitet.

Für die subito-Bestellungen gelangen die Braunschweiger Bestände über einen Abzug aus der Zeitschriftendatenbank (ZDB) in das subito-Portal und über den Katalog des Gemeinsamen Bibliotheksverbundes (GBV) sind sie für den Leihverkehr, selbstverständlich auch im Rahmen der verbundübergreifen Fernleihe, deutschlandweit nachgewiesen, so dass sie hierüber bestellt werden können.

Nimmt man bei der Fernleihe und bei ‘subito’ den mehrjährigen Durchschnitt, werden pro Jahr über 12.000 Dokumente (Zeitschriftenaufsätze oder Bücher) aus den Beständen des Sondersammelgebietes an die Besteller versandt.

Weiterhin erreichen zahlreiche fachbezogene Anfragen den Betreuer des Sondersammelgebietes, vor allem im direkten Email-Kontakt oder auch per Fax oder Telefon. Dabei handelt es sich häufig um Rechercheanfragen auf pharmazeutische Datenbanken. Das Themenspektrum umfasst dabei Arzneistoffe, Fertigarzneimittel, Arzneibuchvorschriften, rechtliche Aspekte bei der Arzneimittelzulassung und vieles mehr, wobei die Fragen allermeist unverzüglich beantwortet werden können.

Virtuelle Fachbibliothek Pharmazie

Auch die ‘Virtuelle Fachbibliothek Pharmazie, ViFaPharm’ (http://www.vifapharm.de/) trägt zur überregionalen Nutzung bei (Abbildung 4 [Abb. 4]). Sie ist seit dem Jahr 2000 online und gehörte zu den ersten vier DFG-geförderten Virtuellen Fachbibliotheken [4]. Die ‘ViFaPharm’ bietet einen umfassenden Zugang zu gedruckten und elektronischen Informationsquellen der Pharmazie. Es werden Fachinformationen, konventionelle und elektronische Dokumente, Internetobjekte und Datenbankinhalte aus dem Bereich der Pharmazie in einem Internetportal bereitgestellt.

In der ‘ViFaPharm’ ist der Sondersammelgebietskatalog der zentrale Rechercheeinstieg mit Nachweisen zu über 50.000 Büchern, darunter zahlreichen digitalen Volltexten des Faches. Zugleich sind dort bibliographische Angaben zu ca. 950.000 Aufsätzen aus ca. 380 Fachzeitschriften nachgewiesen. Ein Fachinformationsführer bietet nach Themengebieten geordnet den Zugang zu ausgewählten, weiterführenden Informationsquellen. Auch wurde eine Websuche mit einer individualisierten Suchmaschine konfiguriert. Dabei wird nur eine gezielte Auswahl relevanter Webseiten in eine Google-Suche einbezogen. Rechercheergebnisse werden so weitaus präziser und sind auch von kommerziellem Ballast befreit.

Mit der ViFaPharm verknüpft ist die ‚Digitale Bibliothek Braunschweig‘, die einerseits die digitalisierten historischen Bestände bereithält (siehe unten) und andererseits auch als Publikationsserver für aktuelle Titel des Faches dient.

Weiterhin betreibt die Virtuelle Fachbibliothek Pharmazie die 'Mailingliste Pharma' ein pharmazeutisches Email-Forum, um Fragen aus dem Gebiet der wissenschaftlichen Pharmazie zu erörtern.

Kooperationen

Das Sondersammelgebiet unterhält eine Reihe von Kooperationen zu wissenschaftlichen Organisationen und weiteren Einrichtungen des Faches.

Besonders deutlich wurde dies im Rahmen der Jahrestagung der Deutschen Pharmazeutischen Gesellschaft (DPhG), die 2010 in Braunschweig stattfand. In das Tagungsprogramm ist dabei die Präsentation des Sondersammelgebietes aufgenommen worden: Es wurde eine Ausstellung unter dem Titel „Weltliteratur der Pharmazie – Das DFG-Sondersammelgebiet der Universitätsbibliothek Braunschweig“ gezeigt und ein Vortrag und spezielle Führungen für die Tagungsteilnehmer angeboten. Hier zeigte sich der enge Kontakt zwischen den Wissenschaftlern des Faches mit dem Sondersammelgebiet, wobei die daraus resultierende intensive fachliche Rückkopplung für die Pflege und den Ausbau des SSG-Bestandes und dessen überregionale Nutzung sehr hilfreich ist.

Als besonders langlebig hat sich die darüber hinaus die Zusammenarbeit mit dem Informationsverbund der Apothekerkammern (AMINO) erwiesen, an dem Einrichtungen aus zwölf Bundesländern beteiligt sind. Hierbei werden vor allem gemeinsam gepflegte Fachdatenbanken für die Arzneimittelinformation bereitgestellt. Diese sind wertvoll für die Informationstätigkeit des SSG und im Gegenzug profitieren die Apothekerkammern durch die Einbindung von Aufsatzdatenbanken des Faches und durch die einfache Vermittlung von Originalliteratur durch das SSG.

Bestandserhaltung und Digitalisierung

Das Sondersammelgebiet Pharmazie besitzt nicht nur eine einzigartige Sammlung neuerer Literatur, auch die historischen Titel sind in seltener Geschlossenheit vorhanden, so dass ihre Digitalisierung ein überaus lohnendes Projektziel war.

Bereits vor 10 Jahren wurden in der UB Braunschweig dazu erste Erfahrungen gesammelt: Ausgewählte Bücher wurden digitalisiert und im Internet über die ‘Digitale Bibliothek Braunschweig’ (http://www.digibib.tu-braunschweig.de) zur Verfügung gestellt. Neben der Präsentation der Bücher werden hier Strategien der Langzeitarchivierung verfolgt, um die elektronischen Volltexte dauerhaft verfügbar zu machen.

Zunächst wurden vor allem Arzneibücher und Arzneitaxen digitalisiert, da hier ein besonders umfangreicher historischer Bestand, auch im internationalen Maßstab, vorliegt. Bei dieser guten Ausgangssituation lag es nahe, einen Antrag bei der DFG zu stellen, als diese eine eigene Aktionslinie für Sondersammelgebiete im Jahr 2008 auflegte. Der Antrag wurde bewilligt und Sachmittel in Höhe von ca. 200.000 EUR sowie Personalmittel für Studierende im Angestelltenverhältnis für die Erschließung zur Verfügung gestellt. Insgesamt sind ca. 950.000 Seiten gescannt und Struktur- und Metadaten, insbesondere Inhaltsverzeichnisse, erfasst worden.

Zur Zeit stehen über 1.500 Titel, überwiegend aus dem 19. und frühen 20. Jahrhundert, zur Verfügung und sind für Wissenschaftlerinnen, Wissenschaftler und alle Interessierten von jedem beliebigen PC-Arbeitsplatz aus zugreifbar. Bei der Zeitschriftendigitalisierung steht die ‘Pharmazeutische Zeitung’ im Mittelpunkt, ein zentrales Organ des Faches in Deutschland. Für pharmaziehistorische Untersuchungen und darüber hinaus für die Geschichte weiterer Fachgebiete ist sie eine hervorragende Quelle. Dankenswerterweise hat der Govi-Verlag die erforderlichen Rechte für die Digitalisierung der neueren Jahrgänge eingeräumt. Damit besteht die Möglichkeit, diese wichtige Fachzeitschrift vom ersten Jahrgang 1856 an bis zum Jahr 1969 zur Verfügung zu stellen.

Massenentsäuerung von Büchern zur Bestandserhaltung

Die Universitätsbibliothek Braunschweig hat in einem Pilotprojekt für Niedersachsen Massenentsäuerungen ausgewählter Bestände durchgeführt. An erster Stelle standen dabei Titel des Sondersammelgebietes. Bereits in den Jahren 1999 bis 2001 wurden mit Mitteln des Landes Niedersachsen 1.900 Bände der Pharmaziezeitschriften entsäuert und zusätzlich 850 Bücher im Jahr 2003. Für weitere Spezialbestände der Universitätsbibliothek ist danach diese Maßnahme fortgesetzt worden.

Bei dem Entsäuerungsverfahren werden in einer Anlage die in Drahtkörben befindlichen Bücher vollständig für mehrere Stunden in das wasserfreie Lösungsmittel Hexamethyldisiloxan getaucht, in dem Ethanolate, vor allem Titan- und Magnesiumethanolat, gelöst sind. Diese neutralisieren nicht nur die Säure im Papier, sondern hinterlassen auch eine gewünschte ‘alkalische Reserve‘. Durch das wasserfreie Lösungsmittel werden die Einbände aus Leder oder Leinen, aber auch eventuell enthaltene Abbildungen nicht beeinträchtigt.

Fazit

Im Sondersammelgebiet Pharmazie der Deutschen Forschungsgemeinschaft konnte während der 62 Jahre seines Bestehens der größte Bestand pharmazeutischer Literatur in Mitteleuropa aufgebaut werden. Er umfasst heute 600 Zeitschriftenabonnements und über 51.000 Monographien bei einem jährlichen Zuwachs von ca. 1.000 Titeln. Der Bestand wird über Bibliothekskataloge und die ‘Virtuelle Fachbibliothek Pharmazie’ erschlossen. Diese weist neben den Büchern bibliographische Angaben zu ca. 950.000 Zeitschriftenaufsätzen nach. Die Literatur wird per Fernleihe und durch den Dokumentlieferdienst ‘subito’ überregional zugänglich gemacht.

Ein großer Teil des hervorragenden historischen Bestandes steht durch die Digitalisierung frei im Internet zur Verfügung. Die Universitätsbibliothek Braunschweig unternimmt mit Mitteln der DFG und des Landes Niedersachsen ganz erhebliche Anstrengungen, die pharmazeutischen Bestände für künftige Generationen zu bewahren.

Kontakt

Stefan Wulle
Universitätsbibliothek Braunschweig
Pockelsstr. 13, 38106 Braunschweig
s.wulle@tu-bs.de
http://www.biblio.tu-bs.de


Literatur

1.
Deutsche Forschungsgemeinschaft. Das Netzwerk der Sondersammelgebiete und virtuellen Fachbibliotheken. Bibliotheken und wissenschaftliche Fachinformation in Deutschland. Stand: Nov. 2007. Frankfurt am Main: AGSSG; 2007.
2.
Tiemann H. Aus der Arbeit des Bibliotheksausschusses der Notgemeinschaft der deutschen Wissenschaft. Nachrichten für wissenschaftliche Bibliotheken. 1950;3(7/8): 102-4.
3.
Brandes D. Sondersammelgebiet Pharmazie an der Universitätsbibliothek Braunschweig. Deutsche Apotheker Zeitung. 1988;128(8):413-5.
4.
Venschott B, Wulle S. Sondersammelgebiet Pharmazie im Internetzeitalter. Deutsche Apotheker Zeitung. 2001;141(13):105-7.