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GMS Interdisciplinary Plastic and Reconstructive Surgery DGPW

Deutsche Gesellschaft für Plastische und Wiederherstellungschirurgie (DGPW)

ISSN 2193-8091

Zentro-laterales subperiostales vertikales Facelift

Übersichtsarbeit

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  • corresponding author Johannes Franz Hönig - Georg-August-Universität, Goettingen, Deutschland; Paracelsus Klinik, Hannover, Deutschland
  • Daniel Knutti - Klinik für Ästhetische Chirurgie, Biel, Deutschland
  • Frank Michael Hasse - Paracelsus Klinik, Hannover, Deutschland

GMS Interdiscip Plast Reconstr Surg DGPW 2014;3:Doc04

doi: 10.3205/iprs000045, urn:nbn:de:0183-iprs0000451

Dieses ist die deutsche Version des Artikels.
Die englische Version finden Sie unter: http://www.egms.de/en/journals/iprs/2014-3/iprs000045.shtml

Veröffentlicht: 26. März 2014

© 2014 Hönig et al.
Dieser Artikel ist ein Open Access-Artikel und steht unter den Creative Commons Lizenzbedingungen (http://creativecommons.org/licenses/by-nc-nd/3.0/deed.de). Er darf vervielfältigt, verbreitet und öffentlich zugänglich gemacht werden, vorausgesetzt dass Autor und Quelle genannt werden.


Zusammenfassung

Die neueste Entwicklung in der plastischen Chirurgie stellt das vertikale videoassistierte fiberendoskopische fronto-temporale Mittelgesichtslift dar. Es bietet den Vorteil, ohne Hautresektion, über eine kleine Inzisionen im Kopfhaarbereich subperiostal die periorbitalen Weichteile abzulösen, so dass es durch die Mobilisation der fronto-orbitalen und Mittelgesichtsweichteile und ergänzt durch den occipitalen Muskelzug zur Elevation der supra- und infraorbitalen Strukturen einschließlich der Augenbrauen kommt. Die Indikation des Verfahrens ist jedoch limitiert und beschränkt sich auf Patienten, bei denen eine Hautresektion zur Behandlung der Rhytidektomie nicht erforderlich ist.


Einleitung

In den letzten 20 Jahren hat die Rhytidektomie einen erheblichen Wandel in der plastisch-aesthetischen Gesichtschirurgie erfahren [1], [2]. Während noch bis Anfang der 80er Jahre vielfach die ausschließliche subkutane Rhytidektomie Anwendung fand, etablierte sich zunächst die durch Skoog 1974 [3] inaugurierte Deep-Plane-Suspension-Technique, die auch unter dem Namen SMAS (superficiales musculo-aponeurotisches System)-Technik bekannt wurde [4]. Der Vorteil dieser Methode lag in der höheren Zugbeanspruchung des SMAS gegenüber der alleinigen Kutisverankerung. Ende der 80er Jahre stand das Mittelgesicht, hier im Besonderen die Nasolabialfalte, vermehrt im Interesse der Rhytidektomie und führte zum Teil zu isolierten oder auch in Verbindung mit besonderen extendierten Dissektionen des SMAS Gewebes zur Reposition und Suspension des ptotischen Wangenfettkörpers in schräg lateraler Richtung. Zur angestrebten Nivellierung der Nasolabialfalte wurden mannigfaltige verschiedene Verfahren angegeben, wobei letztlich die unter dem Namen Deep-Plane-Rhytidektomie [5], [6], [7], [8] und später composite Rhytidektomie [9] nach Einbeziehung des Musculus orbicularis oculi bekannten Verfahren an Bedeutung erlangten und in der Literatur Eingang fanden, aber dennoch nicht das Problem der Mittelgesichtsptose vollständig zu lösen vermochten.

Erst als Anfang der 80er Jahre das subperiostale „Stirnfacelift“ durch Paul Tessier inauguriert wurde, das später durch weitere Modifikationen auf das Mittelgesicht ausgedehnt wurde [10], [11], [12], [13], [14], [15], [16], [17], [18], [2] und heute nach mehrfacher Modifikation als subperiostales Facelift der vierten Generation bezeichnet wird [15], [16], wurde durch die sich ergänzenden Vektorrichtungen zwischen dem klassischen präaurikulärem und subperiostalen Facelift das Mittelgesicht verstärkt in das chirurgische Behandlungskonzept zur Beseitigung der Altersveränderungen des Gesichtes, speziell der Nivellierung der Nasolabialfalten, mit einbezogen. Erstmals wurden dabei die Weichteile nicht oberflächlich, d.h. subkutan, sondern als Ganzes vom Knochen gelöst und dorso-kranial einschließlich des lateralen Kanthus verlagert. Der Vektor der Reposition der Weichteile des Mittelgesichtes richtete sich somit folgerichtig gegen die Gravitationsvektoren, die zum Deszensus der Mittelgesichtsweichteile zwischen den ligamentären Strukturen des Mittelgesichts führen, wie eigene und Untersuchungen von Besins zeigten (Abbildung 1 [Abb. 1] und Abbildung 2 [Abb. 2]).

Wegen der enorm langen Rekonvaleszenzzeit konnte sich diese Methode als Standardverfahren nicht etablieren und blieb einigen wenigen Indikationen vorbehalten. Erst mit der Entwicklung des videoassistierten endoskopischen Stirnlifts, das erstmals im September 1992 in Washington von der Arbeitsgruppe um Louis Vasconez et al. vorgestellt wurde [20], sowie der Inauguration des fiber-endoskopischen Panfacelifts von Hönig in Los Angeles 1994, gewann die subperiostale vertikale fronto-temporale Mittelgesichtsreposition im Sinne eines minimal-invasiven Verfahrens allmählich durch Ergänzung neuerer Verankerungssysteme wieder an Bedeutung, nicht zuletzt auch durch die Verwendung resorbierbarer Polylactid-Platten („Endotine“). Diese videoassistierten Facelift-Verfahren haben sich heute weltweit etabliert, wobei nach wie vor Kontroversen hinsichtlich der Langzeiterfolge bestehen, die zum einen im Zusammenhang mit der Präparation und zum anderen im Zusammenhang mit der Verankerung der reponierten Weichgewebe stehen [21], [2].

Die Technik der minimal-invasiven Chirurgie (MIC) basiert auf der Kenntnis, dass nach scharfer Durchtrennung der osseo-kutanen ligamentären Strukturen und großzügiger Ablösung des Periostes vom Jochbein-, Jochbogenkomplex bis weit über die Maxilla hinaus, die Weichteilstrukturen des Mittelgesichtes einschließlich des M. orbicularis occuli entgegen der Richtung des Weichteildeszensus vertikal verlagert werden können und damit zur Nivellierung der Nasolabialfalte und Anhebung des Mundwinkels beitragen. Im Stirnbereich führt die subperiostale Ablösung der periorbitalen Weichteile unter endoskopischer Sicht in Kombination mit Myoplastiken und Periostschlitzungen zur Elevation des fronto-orbitalen Gewebes mit Anhebung der Augenbrauen. Dies wird zusätzlichen durch den Einfluss des Musculus occipitalis unterstützt, der die fronto-orbitalen Weichteile occipitalwärts zieht, mit dem Resultat eines frischeren und jugendlicheren Gesichtsausdrucks.


Operative Technik

Eine leicht nach ventral abfallende vertikale Inzision von ca. 5–6 cm Länge der Haut oberhalb der Ohrachse, die bis zur Fascia temporalis profunda reicht, wird im temporalen Haaransatz angelegt. Die anschließende Präparation erfolgt entlang der Fascia temporalis profunda bis zur cranialen temporalen Anheftung an der Tabula externa. Der kraniale Fascienkomplex entlang der Tabula externa wird durchtrennt und von der Kalotte abgelöst, so dass die weiter subperiostale Präparation entlang der Margo orbitalis superior unter Schonung des N. supraorbitalis entlang der Margo orbitalis lateralis bis zum Jochbogenkomplex bis in das Mittelgesicht unter Schonung der „sentinel vein“ durchgeführt werden kann. Anschließend wird die subperiosteale Dissektion der Weichgewebe über die vorderen zwei Drittel des Jochbein- und Jochbogenkomplexes sowie des Oberkiefers bis zum Sulcus bucco alveolaris fortgeführt. Die zentro-lateralen Weichgewebe des Mittelgesichtes werden subkutan mit Fäden umstochen und kranialwärts suspendiert (Abbildung 3 [Abb. 3]). Die Fascia temporoparietalis samt SMAS und den daran anheftenden Weichteilen werden nach großzügiger Mobilisation der Weichgewebe nach dem Vorschlag von Besins [22] und Knize [21] ebenfalls kranialisiert und über zwei Bohrlöcher an der Kalotte fixiert [2], [19], so dass es insgesamt zur Elevation der infra- und supraorbitalen Weichteile einschließlich der Nasolabialfalte kommt (Abbildung 4 [Abb. 4]). Abschließend werden nach einer M. orbicularis occuli-Suspensionsplastik nach Loeb modifiziert nach Hamra die redundanten subziliaren Weichteile sehr sparsam reduziert, um einem scleral show vorzubeugen. Nach Verschluss der Inzisionen erfolgt die Anlage eines Druckverbandes für mehrere Tage.


Diskussion

Der Vorteil des vertikalen videoassistierten fiberendoskopischen Facelift liegt zum einen in der Vermeidung sichtbarer prä- und postaurikulärer sowie bikoronarer Narben, ohne die Notwendigkeit der Resektion überschüssiger Haut bei deutlich schnellerer Rekonvaleszenz der Patienten. Lediglich über zwei temporal angelegte Inzisionen im behaarten Kopfbereich wird Weichgewebe subperiostal bis in die Mittelgesichtsregion vom Knochen gelöst, ähnlich dem offenen subperiostalen Facelift, reponiert, fixiert und mit einer Unterlidblepharoplastik kombiniert. Damit verbunden ist zum anderen eine deutliche Verringerung der Rekonvaleszenzzeit und eine deutliche Reduktion des postoperativen Hämatoms gegenüber den Sub-SMAS und subperiostalen Verfahren. Allerdings ist die Indikation für diese Technik deutlich eingeschränkt. Sie eignet sich bei Patienten, die noch über eine elastische tonische Haut verfügen und bei denen eine Hautresektion nach Weichteilreposition nicht erforderlich ist (Abbildung 5 [Abb. 5], Abbildung 6 [Abb. 6], Abbildung 7 [Abb. 7] ).

Sie eignet sich nicht als alleiniges chirurgisches Verfahren zur Behandlung ausgeprägter Nasolabialfalten in Kombination mit Ausbildung von Hängewangen und erschlafftem Platysma, da hier in der Regel Platysmaplastiken über einen präaurikulären Zugang mit Hautresektionen nach wie vor zur Anwendung kommen.

Das isolierte video-endoskopische Faceliftverfahren (VEF) ist nur in ausgewählten Fällen bei Patienten indiziert, bei denen keine Platysmaplastiken und keine Hautresektionen erforderlich sind. Darüber hinaus sollte bedacht werden, dass diese Technik einiger Übung und Erfahrung bedarf und eine hohe Lernkurve besitzt, um sie als ein sicheres Verfahren anwenden zu können. Bei richtiger Indikation und Anwendung der Technik sind die Langzeitergebnisse vielversprechend und stellen eine sichere Alternative zu bisherigen Facelift-Behandlungsmethoden dar.


Anmerkungen

Interessenkonflikte

Die Autoren erklären, dass sie keine Interessenkonflikte in Zusammenhang mit diesem Artikel haben.


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