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GMS Interdisciplinary Plastic and Reconstructive Surgery DGPW

Deutsche Gesellschaft für Plastische und Wiederherstellungschirurgie (DGPW)

ISSN 2193-8091

State of the Art der plastisch-rekonstruktiven Chirurgie aus Sicht der Gynäkologie

State of the art of plastic-reconstructive surgery in gynecology

Übersichtsarbeit

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GMS Interdiscip Plast Reconstr Surg DGPW 2012;1:Doc17

doi: 10.3205/iprs000017, urn:nbn:de:0183-iprs0000174

Veröffentlicht: 11. Dezember 2012

© 2012 Nestle-Krämling.
Dieser Artikel ist ein Open Access-Artikel und steht unter den Creative Commons Lizenzbedingungen (http://creativecommons.org/licenses/by-nc-nd/3.0/deed.de). Er darf vervielfältigt, verbreitet und öffentlich zugänglich gemacht werden, vorausgesetzt dass Autor und Quelle genannt werden.


Zusammenfassung

In der Gynäkologie in Deutschland werden plastisch-rekonstruktive Operationstechniken sowohl aus ästhetischen Gründen als auch zur Korrektur bei Fehlbildungen oder zur Rekonstruktion bzw. Defektdeckung nach onkologischen Eingriffen im Bereich des äußeren Genitales, des Abdomens und der Mamma durchgeführt. Die Entwicklung der plastisch-rekonstruktiven Operationen in der Gynäkologie umfasst in den vergangenen 3 Jahrzehnten das gesamte Spektrum allogener und autologer Techniken zur ästhetischen und rekonstruktiven Chirurgie in den genannten gynäkologisch behandelten Organbereichen.

Schlüsselwörter: Brustvergrößerung, Mastopexie, tubuläre Brust, Brustrekonstruktion, Abdominoplastik, vulvovaginale Rekonstruktion, Labioplastie

Abstract

In Germany plastic-reconstructive techniques are used in gynecology for aesthetic reasons as well as for correction of congenital malformations, reconstructive surgery or defect coverage after tumour resection in the genital area, in the abdominal region and in breast surgery. The evolution of plastic and reconstructive surgery in gynecology comprises the hole spectrum of allogenic and autologous techniques in the field of aesthetic and reconstructive surgery.

Keywords: breast augmentation, mastopexy, tuberous breast, breast reconstruction, abdominplasty, vulvovaginal reconstruction, labioplasty


1 Ästhetische und rekonstruktive Chirurgie im Bereich der Mamma

Plastische Operationen im Bereich der weiblichen Brust aus überwiegend ästhetischen Gründen werden in der Gynäkologie mit dem Ziel der Vergrößerung, Straffung oder Verkleinerung der Brust durchgeführt. Nicht selten ist auch eine Kombination von Straffung und Augmentation notwendig bzw. gewünscht und im Einzellfall aufgrund der damit verbundenen höheren Komplikationsrate sorgfältig zu indizieren.

1.1 Mammaaugmentation

Aktuelle Operationstechniken zur Mammaaugmentation umfassen einen differenzierten operativen Zugang der überwiegend in der Inframammärregion geplant wird. Grundsätzlich kommen in absteigender Häufigkeit und abhängig von individuellen Gegebenheiten und Wünschen der Patientinnen auch der periareoläre Zugang oder ein axillärer Zugang mit endoskopischer Präparation der Implantatloge in Frage [1]. Vorteilhaft ist dabei ein periareolärer Zugang insbesondere bei simultan geplanter Liftingoperation und großer Areola. Ein axillärer Zugang erscheint hinsichtlich der Übersichtlichkeit des Operationsgebietes, der korrekten Platzierung der Implantate sowie der eingeschränkten Interventionsmöglichkeiten bei Komplikationen und Implantatwechsel deutlich seltener geeignet.

Die Platzierung von Brustimplantaten erfolgt am häufigsten in einer partiell subpektoralen Implantatloge, die unter Sicht z.B. mithilfe eines Leuchthakens durch die Abpräparation des M. pectoralis major an seinem kaudalen und kaudal-medialen Ansatz geschaffen wird. Vorteilhaft ist hierbei eine eher niedrigere Kapselfibroserate als bei subglandulärer Einlage sowie eine natürlichere Abdeckung besonders im Decolleteebereich.

Die Auswahl der Implantate erfolgt stets nach präoperativer individueller Abmessung von Brustbasis und geplanter Brustprojektion, wobei häufig anatomische Implantate mit köhäsivem Silikongel und moderater oder voller Projektion zum Einsatz kommen. Je nach Brustform führen auch runde Implantate zu sehr guten ästhetischen Ergebnissen und sind nicht mit dem potentiellen Risiko einer Implantatrotation verbunden. Diese wird bei anatomischen Implantaten bis zu 14% angegeben [2], [3].

Unter dem Aspekt der Patienten-Sicherheit hat gerade die ästhetische Brustchirurgie mit der langjährigen Diskussion um die Sicherheit von Silikonimplantaten und dem aktuellen Skandal der Verwendung minderwertigen Silikons in Brustimplantaten der Firma PIP jeweils größte mediale Aufmerksamkeit. Bei einer drastisch erhöhten Ruptur- und Silikongel-Bleeding-Rate von bis zu 33% [4], [5], wurde im Januar 2012 erstmalig vom Bundesinstitut für Arznei- und Medizinprodukte BfArM die Empfehlung zur Entfernung der betroffenen Silikonimplantate (PIP, Rofil, Tibreeze) ausgesprochen. Es bleibt die relevante Problematik lokaler Komplikationen wie der Kapselfibrose und Silikonleakage, die prinzipiell alle Implantathersteller betrifft. Es ist zu erwarten, dass die aktuellen Implantate der vierten Generation mit kohäsivem Gel und verstärkter Silikonumhüllung die lokalen Komplikationen reduzieren [6], [7], [8]. Aufgrund der trotz aller ärztlichen Sorgfalt möglichen schicksalshaften Komplikationen, die selten auch zur individuellen Katastrophe werden können ist aber gerade bei ästhetischen Operationen der Anspruch an die Aufklärung besonders hoch. Die Gesprächsdauer zur Aufklärung sollte zeitlich dokumentiert mehr als 30 Minuten umfassen. In jedem Fall muss sich der Operateur in ausführlichen Gesprächen von den Zielvorstellungen der Patientin und ihrer speziellen Motivation ein möglichst genaues Bild machen. Eine prä- und postoperative Fotodokumentation ist Standard.

Die Arbeitsgemeinschaft für ästhetische, plastische und wiederherstellende Operationsverfahren in der Gynäkologie hat seit Ende 2011 ein webbasiertes Implantat- und Netzregister etabliert http://www.awogyn-implantatregister.de/, um den Einsatz und die Komplikationen einer Vielzahl von Produkten und Herstellern im Zusammenhang mit ästhetischer wie rekonstruktiver Brustchirurgie überblicken zu können.

1.2 Korrektur der tubulären Brust und Anisomastie

Mammaaugmentationen werden auch einseitig bei einer ausgeprägten Anisomastie zur Angleichung oder im Zusammenhang mit der Korrektur einer tubulären Brustdeformität („Rüsselbrust“) (Abbildung 1 [Abb. 1]) durchgeführt. Bei dieser angeborenen Fehlbildung der Brust findet sich in unterschiedlichen Ausprägungen ein Areolaprolaps, ein inframammärer fibröser Schnürring und eine Volumendefizienz am häufigsten der beiden unteren Quadranten, die jeweils zu korrigieren sind. Bei der nicht selten gleichzeitig bestehenden Mammahypoplasie muss neben weiteren komplexen Korrekturen wie der Drüsenumverteilung von kranial nach kaudal, der Neuanlage der Inframammärfalte und der Korrektur des Areolaprolapses die Betonung der unteren Quadranten der Brust durch ein anatomisches Implantat mit niedriger Höhe und voller Projektion ausgeglichen werden. Aufgrund der gleichzeitig vorzunehmenden epipektoralen Drüsenmobilisationen erfolgt dann in der Regel die Implantateinlage subglandulär. Bei einer extremen Ausprägung des inframammären Schnürrings ist eine zweizeitige Korrektur mit primärer Expandereinlage notwendig [9].

1.3 Mastopexie und Mammareduktionsplastik

Insbesondere für die Mammareduktionsplastik ist in vielen Fällen auch eine medizinische Indikation gegeben, der Wunsch einer Patientin aber ist ausschlaggebend. Die Übergänge zwischen überwiegend ästhetisch motivierter Mastopexie bis zur Reduktionsplastik wegen symptomatischer Makromastie sind dabei fließend.

Die Operationstechniken zur klassischen Mastopexie und Reduktion umfassen heute narbensparende Techniken mit nur periareolärer Straffung überwiegend bei kleinen Reduktionen oder Mastopexien, mit vertikaler Narbe wie z.B. nach Lejour (Abbildung 2 [Abb. 2]) oder am häufigsten durchgeführt die klassische Inzision über ein invertiertes T. Narbensparende Techniken basieren auf einer periareolären oder vertikalen Raffnaht, die Technik mit invertiertem T ermöglicht auch größere Hautresektionen.

Unabhängig von der Hautinzision ist die Technik der Mamillenstielung oder seltener der freie Mamillentransfer über Vollhauttransplantation bei hohem Risiko einer Mamillennekrose zu planen. Dabei können unterschiedliche Techniken von Hautinzision und Mamillenstielung kombiniert werden. Bei Auswahl der jeweils sichersten Vorgehensweise liegt die Mamillennekroserate als schwerste Komplikation unter 1% [10].

Aufgrund der Möglichkeit zur Resektion großer Drüsenareale mit ästhetischer Neuformung des Drüsenkörpers werden die unterschiedlichen Stielungs- und Inzisionstechniken der Mammareduktionsplastik auch als sogenannte tumoradaptierte Reduktionsplastik zur Tumorresektion beim Mammakarzinom eingesetzt.

1.4 Brustrekonstruktion nach Mastektomie

1.4.1 Mastektomietechniken

Die Umschneidungsfigur der Standardmastektomie verläuft wetzsteinförmig oder auch sichelförmig zur Vermeidung von dog ears und orientiert sich ggf. an einer hautnahen Tumorlokalisation. Auch bei der Standardmastektomie kann ein Teil des gesunden Hautmantels und damit die Brustkontur inklusive der Inframammärfalte erhalten werden um eine spätere zu erleichtern. Sofern eine Sofortrekonstruktion der Brust von der Patientin gewünscht wird und medizinisch sinnvoll bzw. vertretbar erscheint, kann die Mastektomie haut- und narbensparend oder auch bei ausreichendem Abstand zum Nippel-Areola-Koplex nippelsparend erfolgen. So resultieren kaum sichtbare periareoläre oder inframammäre Narben und ermöglichen eine optimal natürliche Wiederherstellung der Brust (Abbildung 3 [Abb. 3]).

Bei einer ptotischen Brust kann die Mastektomie über eine entsprechend ausgewählte Reduktionsfigur mit vertikaler Narbe oder invertierter T- Narbe bzw. über eine individuell tumoradaptierte Reduktionsfigur als sogenannte „Reduktionsmastektomie“ in Kombination mit einer Sofortrekonstruktion durchgeführt werden. Die onkologische Sicherheit der hautsparenden und nippelsparenden Mastektomie ist bei sorgfältiger Durchführung derjenigen der Standardmastektomie gleichwertig [11], [12]. Bei der Sonderform der prophylaktischen Mastektomie zur Mammakarzinomprävention bei Frauen mit sehr hohem Risiko, im speziellen bei Trägerinnen einer BRCA-Mutation sollte nach Entfernung des Drüsenkörpers auch auf die ggf. separate Entfernung kleinster subkutaner Drüsenreste geachtet werden.

1.4.2 Operationsverfahren zur Brustrekonstruktion
1.4.2.1 Expander- bzw. Implantatrekonstruktion (heterologe Rekonstruktion)

Die sofortige oder auch sekundäre Implantatrekonstruktion ist grundsätzlich als Standardverfahren mit dem geringsten operativen Aufwand verbunden und erscheint gut geeignet zur Rekonstruktion einer kleinen bis mittelgroßen Brust. Es werden heute überwiegend hochkohäsive anatomische Silikonimplantate verwendet, die in sehr variablen Größen hinsichtlich Basis, Projektion und Volumen erhältlich sind. Bei der zweizeitigen Rekonstruktion nach Mastektomie muss über eine subpektorale Expanderimplantateinlage nach sukzessiver perkutaner Auffüllung mit Kochsalzlösung nach etwa 6 Monaten der Wechsel auf ein definitives Implantat erfolgen. Probleme besonders bei der Verwendung anatomischer Implantate können trotz texturierter Oberfläche eine fehlende Implantatadhärenz sein, z.B. bei persistierender Serombildung mit nachfolgender Implantatrotation oder Dislokation.

Für eine optimale Weichteilabdeckung des einzubringenden Implantates wird die subpectorale Platzierung empfohlen. Der M. pectoralis major muss hierzu kaudal und kaudal-medial von seinem Rippen- und Sternumansatz abgelöst werden. Bei einem relevanten Hautüberschuss z.B. aufgrund einer Makromastie kann im Rahmen einer Sofortrekonstruktion die Reduktionsmastektomie geplant werden und die kaudale Implantat- Abdeckung über einen an die kaudale Pektoraliskante fixierten, deepithelisierten Dermis-Lappen durchgeführt werden (siehe Abbildung 4 [Abb. 4]). Im Fall einer einzeitigen Sofortrekonstruktion im Rahmen einer Haut- oder Nippel sparenden Mastektomie z.B. bei kleiner oder mittelgroßer Brust und fehlendem Hautüberschuss, kann heute über unterschiedliche Netze oder Gewebmatrices eine sofortige komplette zweite Abdeckung des Implantates erfolgen. Hierbei werden die in den vergangenen Jahren entwickelten Materialien wie titanisierte oder teilresorbierbare Kunststoffnetze [13] oder azelluläre biologische Gewebematrices (humane, porcine oder bovine Kollagenmatrix) [14], [15], [16], [17] (Abbildung 5 [Abb. 5]) an die kaudale Pektoraliskante fixiert. Der mobilisierte Pektoralismuskel kann so über dem Implantat ausgebreitet und Netz bzw. Gewebematrix in der Inframammärfalte fixiert werden. Gleichzeitig wird damit das Implantat nach kaudal und lateral stabilisiert. Die Auswahl von Netz oder Gewebematrix orientiert sich u.a. an der subkutanen Schichtdicke mit Präferenz der biologischen Gewebematrix bei ausgedünntem Haut-Weichteilmantel.

1.4.2.2 Eigengewebsrekonstruktion der Brust

Die Möglichkeiten der autologen Brustrekonstruktion durch gestielten oder freien Lappentransfer erweitern das Indikationsspektrum gerade für Patientinnen mit ungünstigen Bedingungen für eine reine Expander- bzw. Implantatrekonstruktion wie z.B. nach Post-Mastektomie-Bestrahlung, nach extensiver Hautresektion oder Pektoralisatrophie bei insgesamt ungenügenden Haut-Weichteilverhältnissen. Darüberhinaus ermöglicht die autologe Rekonstruktion zumeist die Wiederherstellung einer natürlicheren Brustform und macht seltener angleichende Operationen der kontralateralen Seite notwendig. So werden nach Sekundärrekonstruktion mit einer Eigengewebsrekonstruktion vom Unterbauch in ca. 60% und nach Sofortrekonstruktion mit einer hautsparenden Mastektomie nur in ca. 20% Angleichungsoperationen durchgeführt [18].

Insgesamt erscheint die Patientinnen-Zufriedenheit nach komplikationsloser Brustrekonstruktion hoch und liegt bei Patientinnen nach Eigengewebsrekonstruktion signifikant höher als nach Expander- Implantatrekonstruktion [19], [20].

Der gestielte Lappentransfer entspricht einem bewährten Standard und ermöglicht die autologe Rekonstruktion durch Unterbauchgewebe (Transverser Rectus abdominis Myocutan-Lappen – TRAM-Lappen) oder mit Gewebe aus dem Rückenbereich (Latissimus dorsi-Lappen). Da im Rückenbereich lokal deutlich weniger Fettgewebe als aus dem Unterbauchbereich zu gewinnen ist, muss hierbei in der Regel die Kombination mit einem Implantat erfolgen, was auch die Nachteile beider Rekonstruktionstechniken (Lappenkomplikationen, Kapselfibrose) mit sich bringt. Daher erscheint die ausschließlich autologe Rekonstruktion aus dem Unterbauch gegenüber einer kombiniert autolog-heterologen Rekonstruktion von Vorteil. Die Lappenpräparation vom Unterbauch umfasst nach Präparation des Empfängerareals im Brustbereich die Präparation der transversen Haut-Unterhaut-Fett-Insel, die Präparation des kranialen Rektusstieles mit Schonung der Vasa epigastrica superior und Durchtrennung der Vasa epigastrica inferior. Der mobilisierte TRAM-Lappen wird dann in den Mastektomiebereich eingeschwenkt und eingepasst und das abdominale Spenderareal im Sinne einer Abdominoplastik mit Neuimplantation des Nabels in die gestraffte Bauchdecke ästhetisch verschlossen (Abbildung 6 [Abb. 6]). Die Operationsdauer liegt bei ca. 2 bis 4 Stunden, der Blutverlust ist auch bei ausgedehnten Wundflächen kontrollierbar so dass heute nur in Ausnahmefällen bzw. bei Komplikationen eine Bluttransfusion erfolgen muss. Spezifische relevante Komplikationen des gestielten Lappentransfers vom Abdomenbereich umfassen partielle Lappennekrosen, Narbenhernien im Unterbauchbereich der Faszienentnahme sowie Bulgebildungen im Oberbauchbereich des Muskelstieldurchtritts. Kontraindikationen für eine TRAM-Rekonstruktion sind in extensiven Voroperationen im Bauchbereich mit eventueller Läsion der vasa epigastrica superior bzw. deren Perforatoren zu sehen. Eine erhöhte Komplikationsfrequenz hinsichtlich partieller Lappennekrosen ist außerdem bei ausgeprägter Adipositas und Nikotinabusus zu erwarten. Spezifische Komplikationen der Latissimusrekonstruktion sind über eventuelle Implantatkomplikationen hinaus eine häufige Serombildung im Hebeareal, die narbenbedingten Bewegungseinschränkungen oder Schmerzen im Rückenbereich. Grundsätzlich besteht bei dem Verfahren die Möglichkeit der bilateralen Brustrekonstruktion, aufgrund der nach bilateraler Muskelstielung resultierenden Muskeldefizienz im Abdomenbereich ist hier allerdings immer der bilaterale, muskelschonende freie Lappentransfer anzubieten – auch wenn in einer Untersuchung zur Lebensqualität kein nennenswerter Unterschied zwischen freier und gestielter Technik gefunden werden konnte [18], [21].

Ein freier Lappentransfer erfolgt heute in der Regel in Form von Perforatorlappen (DIEP-deep inferior epgastric artery perforator, S-GAP Superior-Gluteal artery perforator, I-GAP inferior gluteal, Gracilis-Lappen). Vorteile einer Perforator-basierten mikrochirurgischen Rekonstruktion besonders aus dem Unterbauch sind neben der Schonung der Rektusmuskulatur auch die hierdurch gewährleistete Symmetrie des Abdomens gerade bei schlanken Frauen, sowie die Vermeidung einer Bulgebildung im Oberbauchbereich. Zudem wird aufgrund der Versorgung durch die häufiger dominanten Vasa epigastrica inferior und den kürzeren Gefäßstiel durch die bessere Perfusion eine geringere Rate an Fettgewebsnekrosen berichtet [19]. Nachteilig ist die abhängig von der Erfahrung und Zusammensetzung des Operationsteams deutlich längere Operationsdauer von 4 bis 6 oder mehr Stunden und die grundsätzliche Problematik einer kompletten Lappennekrose bei Anastomosenproblemen. Falls im Unterbauchbereich kein ausreichendes Eigengewebe zur Verfügung steht oder anderweitig Kontraindikationen bestehen, sind mit Perforatorlappen aus anderen geeigneten Spenderregionen wie der Glutealregion (S-GAP-flap: Superior guteal artery Perforator flap) noch gute Ergebnisse erreichbar [20]. Aufgrund der anspruchsvollen Präparation und mikrochirurgischen Anastomosentechnik mit der möglichen Komplikation einer totalen Lappennekrose insbesondere beim S-GAP-Lappen sollten diese Techniken nur in hochspezialisierten Fach-Abteilungen durchgeführt werden.


2 Ästhetische und rekonstruktive Chirurgie im Bereich des Abdomens und des äußeren Genitale

Ästhetische bis hin zu medizinischen Indikationen zur Abdominoplastik ergeben sich in der Gynäkologie bei einer Haut- bzw. Fettschürzenbildung z.B. nach drastischer Gewichtsabnahme, bei einziehenden Pfannenstiel- oder Längs-Laparatomienarben nach gynäkologischen Eingriffen im Unterbauch oder bei ausgeprägter wenn auch seltener Gerodermie z.B. nach Mehrlingsschwangerschaften. Die Operationstechnik umfasst im Rahmen einer kompletten Bauchdeckenplastik die quere und spindelförmige Resektion der überschüssigen Unterbauchhaut und der Subkutanschicht bis zur Faszie und bis knapp über den Nabel reichend und ist mit der epifaszialen Mobilisation bis in Höhe des Rippenbogens sowie der Neuimplantation des Nabels verbunden. Eine bloße Fettschürzenresektion unterhalb des Nabels sollte wegen der möglichen Nabelverziehung nur zurückhaltend in entsprechenden Situationen vorgenommen werden. In der Gynäkologie werden Abdominoplastiken immer wieder auch auf einen entsprechenden Patientinnenwunsch hin als „Gelegenheits-Abdominoplastik“ im Rahmen einer notwendigen Unterbauchoperation geplant. Aufgrund der damit verbundenen zusätzlichen ausgedehnten Wundflächen und möglichen schwerwiegenden Wundheilungsstörungen bis hin zu ausgedehnten Haut- und Fettnekrosen ist die Indikation aber streng zu stellen.

Offenbar u.a. parallel mit der zunehmend offenen Darstellung rasierter Schamregionen in den Medien scheint ein diesbezügliches Schönheitsideal vom weiblichen äußeren Genitale verbreitet und fixiert zu sein, das eine drastisch steigende Nachfrage nach ästhetischen Korrektureingriffen am äußeren Genitale nach sich gezogen hat.

Die Zahl wissenschaftlicher Publikationen zu Techniken und Komplikationen solcher Eingriffe zur Korrektur der Labia minora und Vagina sind in der Fachpresse dagegen eher verhalten. Der Übergang zwischen ästhetisch störenden wie z.B. subjektiv zu groß erscheinenden Labia minora und einer medizinischen Indikation bei symptomatischer Labienhyperplasie mit Problemen bei sportlicher Aktivität oder Tragen bestimmter Kleidungsstücke ist häufig fließend. Die Verkleinerung der Labia minora stellt dabei zwar häufig einen komplikationsarmen und mit kaum sichtbaren Narben abheilenden kleinen Eingriff dar und erfolgt entweder durch keilförmige Exzision mit konsekutiver querer Narbe oder über eine Resektion der Labienlänge entlang der Kante um die anatomische Bedeckung durch die Labia majora wieder herzustellen. (Abbildung 7 [Abb. 7]) Allerdings können Komplikationen mit Wundheilungsstörungen und Defektheilung oder auch asymmetrische Abheilung oder partielle Amputationen ausgeprägte Folgebeschwerden inklusive ausgeprägter psychischer Beeinträchtigungen zur Folge haben [22].

Die rekonstruktive Chirurgie zur Wiederherstellung von Vagina und äußerem Genitale nach ausgedehnten Tumoroperationen oder auch bei Vaginalaplasie im Rahmen eines Mayer-Rokitansky-Küster-Hauser-Syndroms basiert im Wesentlichen auf lokalen bzw. lokoregionalen Transpositions- oder Rotationslappen sowie myokutanen gestielten Lappen aus der Region.

Zur Vaginalrekonstruktion bei angeborener Fehlbildung wird die laparaskopisch unterstützte Vecchietti-Operation als Standardvorgehen angesehen. Es erfolgt hierbei der schrittweise Durchzug einer im Septum zwischen Rektum und Urethra fixierten Kunststoffolive nach kranial über zwei mit der Olive verbundene Fäden. Diese werden endoskopisch präperitoneal getunnelt nach suprapubisch ausgeleitet, auf einen Spannautomaten geführt und angezogenen werden. Der mit der Kranialwärtswanderung der Olive entstehende Kanal wird durch ein aufsteckbares Platzhaltersystem offengehalten und epithelisiert langsam. Andere Techniken basieren auf der Epithel-Auskleidung eines operativ präparierten Vaginalkanals durch Peritoneallappen (Davidov-Scheide) [23]. Auch hier kann heute eine laparaskopische Präparation des Peritoneums erfolgen [24] oder zwei möglichst dünn präparierte Singapure-flaps aus der Inguinalregion, die zu einem Scheidenrohr geformt werden.

Nach Tumoroperation entstandene, häufig tiefergehende Defekte müssen mit individuell ausgewählten Lappentechniken versorgt werden. Je nach Defektlokalisation kommen bei ventralen Defekten im Mons pubis-, Klitoris- oder Vulvabereich myokutane Lappen von der Oberschenkel-Innenseite (Singapor-flap), Oberschenkel-Außenseite (Tensor fasiae latae-Lappen) oder im Sinne von Y-Lappen aus der Mons Pubis-Region zum Einsatz [25]. Bei zentral oder dorsal lokalisierten Defekten können neben dem eher voluminösen myokutanen Glutaeus Maximus-Lappen oder dem Gracilis-lappen auch Fasziokutane Lappen aus der Pofaltenregion (gluteal fold flap) präpariert werden. Für die Deckung großer Defekte z.B. nach Exenteration, in Rezidivsituationen mit vorausgegangener Bestrahlung und multiplen Voroperationen in der Region ist die ideale Spenderregion im Abdomen gegeben. Als inferior gestielter vertikaler Rektuslappen (VRAM) ist der auch gut formbare, ausgedehnte myokutane Lappen in einer Länge von Unterbauch bis in das Epigastrium zu heben und auch in zeitlicher Abfolge nacheinander auf beiden Seiten noch verwendbar.

Grundsätzlich ist bei fehlenden Alternativen zur Vaginalrekonstruktion bei Fehlbildung oder nach Tumorchirurgie wie z.B. bei ausgeprägter Vaginalverkürzung nach Wertheim-Operation die Präparation einer Sigmascheide möglich. Allerdings kann besonders die persistierende Schleimabsonderung eine für die Patientin inakzeptable Folgeerscheinung sein und führt dann nicht selten zur Resektion der Sigmascheide.


3 Operative Ausbildung und Spezialisierung in der Gynäkologie

Die Kenntnis und Fähigkeit zur Durchführung ästhetischer und rekonstruktiver Operationen in der Gynäkologie ist ein wichtiger Bestandteil innerhalb der fachspezifischen Weiterbildung im Schwerpunkt gynäkologische Onkologie. Nur unter Kenntnis und Einbeziehung aller zur Verfügung stehenden Möglichkeiten kann die operative Therapie optimal geplant werden. Eine individuelle spezialisierte operative Ausbildung ist in jedem Fall Voraussetzung und wird in den heute zertifizierten Genitalkrebszentren angeboten. Für den Bereich der Mammachirurgie ist darüber hinaus eine seit 2006 durch die Arbeitsgemeinschaft für ästhetische, plastische und wiederherstellende Operationen in der Gynäkologie (AWOgyn) etablierte freiwillige, strukturierte und auditierte Weiterbildung zum Brustoperateur möglich. Derzeit finden sich auf der Webseite der AWOgyn.com über 90 zertifizierte Brustoperateure.


Anmerkung

Interessenkonflikte

Die Autorin erklärt, dass sie keine Interessenkonflikte in Zusammenhang mit diesem Artikel hat.


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