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Süddeutscher Kongress für Kinder- und Jugendmedizin

64. Jahrestagung der Süddeutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin gemeinsam mit der Süddeutschen Gesellschaft für Kinderchirurgie und dem Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte e. V. – Landesverband Bayern

08. - 09.05.2015, Nürnberg

Pitt-Hopkins-Syndrom: Beschreibung und Fallbericht

Meeting Abstract

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  • presenting/speaker A.K. Koch - Zentrum für Kinder- und Jugendmedizin, Sektion Neuropädiatrie, Heidelberg, Deutschland
  • P. Krieg - Klinik für Kinder- und Jugendmedizin, Karlsruhe, Deutschland

Süddeutscher Kongress für Kinder- und Jugendmedizin. 64. Jahrestagung der Süddeutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin gemeinsam mit der Süddeutschen Gesellschaft für Kinderchirurgie und dem Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte e.V. – Landesverband Bayern. Nürnberg, 08.-09.05.2015. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2015. Doc15sgkjP02

doi: 10.3205/15sgkj11, urn:nbn:de:0183-15sgkj118

Published: March 25, 2015

© 2015 Koch et al.
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Das Pitt-Hopkins-Syndrom (PTHS) ist eine „orphan disease“ (geschätzte Prävalenz 1:40 000) und wenig untersucht. Es ist u. a. charakterisiert durch eine schwere Intelligenzminderung mit Sprachentwicklungsstörung und Verhaltens-Auffälligkeiten aus dem Autismus-Spektrum, ferner Hyperventilation mit Apnoen, muskuläre Hypotonie, Hypomobilität des Darms und charakteristische kleine Dysmorphien. Verwechslungen mit Angelman-, Mowat-Wilson- oder Rett-Syndrom sind v. a. in den Fällen möglich, wo auch eine Epilepsie vorliegt (ca. 50%). Die Phänotypausprägung ist variabel.

Genetisch liegt eine Dysfunktion oder ein Fehlen (Deletion 15%, Punktmutation 40%, Insertionen mit hoher Variabilität) des TCF4-Gens auf 18q21.1 zugrunde, der Erbgang ist autosomal-dominant. Das Gen wird neben dem ZNS (v. a. Cortex, Kleinhirn und Hippocampus; Neurone und Gliazellen) in autonomen und enteralen Ganglien sowie im splanchnopleuralen Mesenchym exprimiert. TCF4 ist als Transkriptions-regulierendes Gen v. a. im ZNS aktiv, nukleäre und somatische Isoformen sind bekannt. TCF4 agiert als wichtiger Regulator bei der Entwicklung des Nervensystems. Zielgene, deren Expression von TCF4 reguliert wird, sind u. a. NRXN1 und CNTNAP2, bei deren Funktionsverlust ein „Pitt-Hopkins-like-Syndrom“ mit ähnlicher Klinik beschrieben ist. TCF4 spielt möglicherweise auch bei der Entstehung von Schizophrenien eine Rolle (down-Regulation). Seine Funktion im entwickelten Gehirn für Gedächtnis/Lernen, synaptische Plastizität und Funktion u. a. ist noch weitgehend unklar.

Fallbericht: 8-jähriger Junge mit komplexer Entwicklungsstörung. Keine Sprache, schwere Intelligenzminderung, muskuläre Hypotonie, kaum motorische Entwicklung (kein Sitzen, Ataxie, rollstuhlpflichtig, keine Handfunktion). Epilepsie mit komplexen fokalen Anfällen. Anfallsartige Hyperventilation mit anschließender Apnoe und Zyanose. Kaum soziale Kontaktaufnahme, stereotype Bewegungen. Dysmorphien (Microcephalie, Hypertelorismus, prominentes Philtrum, schmale Hände, PFO, VSD und Pulmonalstenose). cMRT und Stoffwechseldiagnostik unauffällig. Vorbekannte partielle Monosomie 18.

Die Hyperventilation mit Apnoen unabhängig von Anfällen anderer Semiologie war zusammen mit der charakteristischen Facies und der Monosomie richtungsweisend für die Diagnose eines Pitt-Hopkins-Syndroms. Molekulargenetisch konnte eine heterozygote Deletion des gesamten TCF4-Gens nachgewiesen werden.

Das PTHS ist eine weitere Differentialdiagnose bei komplexer Entwicklungsstörung.