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Infektiologie Update 2014: 24. Jahrestagung der Paul-Ehrlich-Gesellschaft für Chemotherapie (PEG)

Paul-Ehrlich-Gesellschaft für Chemotherapie (PEG)

16. - 18.10.2014, Weimar

Therapeutischen Drug Monitoring (TDM) von β-Laktamen

Meeting Abstract

  • author A. Brinkmann - Klinik für Anästhesie, operative Intensivmedizin und spezielle Schmerztherapie, Klinikum Heidenheim, Heidenheim
  • A. Köberer - Klinik für Anästhesie, operative Intensivmedizin und spezielle Schmerztherapie, Klinikum Heidenheim, Heidenheim
  • Th. Fuchs - Klinik für Anästhesie, operative Intensivmedizin und spezielle Schmerztherapie, Klinikum Heidenheim, Heidenheim
  • S. Helbig - Apotheke Klinikum Heidenheim, Heidenheim
  • J. Preisenberger - Apotheke Klinikum Heidenheim, Heidenheim
  • A. C. Röhr - Apotheke Klinikum Heidenheim, Heidenheim
  • O. R. Frey - Apotheke Klinikum Heidenheim, Heidenheim

Infektiologie Update 2014. 24. Jahrestagung der Paul-Ehrlich-Gesellschaft für Chemotherapie (PEG). Weimar, 16.-18.10.2014. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2014. Doc14peg12

doi: 10.3205/14peg12, urn:nbn:de:0183-14peg126

Published: October 2, 2014

© 2014 Brinkmann et al.
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Outline

Text

In der klinischen Versorgungsrealität der Intensivmedizin wird unter adäquate Antibiotika-therapie der korrekte Einsatz einer antiinfektiven Substanz vor dem Hintergrund klinisch-infektiologischer und mikrobiologischer Evidenz verstanden. Pharmakologische Aspekte, wie z.B. Pharmakokinetik (PK), Pharmakodynamik (PD) und die daraus resultierende Abtötungskinetik finden bei der Therapieentscheidung im Alltag weniger Berücksichtigung. Gerade bei Intensivpatienten mit Sepsis und Multiorganversagen zeigen sich erhebliche inter- und intraindividuelle Veränderungen der substanzspezifischen pharmakokinetischen Eigenschaften, hier vor allem im Eliminations- und im Verteilungsverhalten [1].

In der kalkulierten Strategie benötigen wir Substanzen mit einem breiten Wirkspektrum, die nach Möglichkeit innerhalb der 1. Stunde nach Auftreten der schweren Sepsis und/oder des septischen Schocks appliziert werden sollten. Besonders bei β-Laktam-Antibiotika, die eine zeitabhängige Abtötungskinetik aufweisen, kommt es im Rahmen der Sepsis zu erheblichen Veränderungen der Pharmakokinetik. Ein Anstieg des Verteilungsvolumens durch kapilläres Leck und hohe Flüssigkeitszufuhr sowie eine gesteigerte Arzneistoffclearance sind in der frühen Phase der Sepsis häufig anzutreffen [2]. Die Folge sind niedrige Wirkstoffkonzentrationen zunächst im primären Kompartiment, aber natürlich auch am eigentlichen Wirkort. Besonders bei den hydrophilen β-Laktam-Antibiotika kommt es häufig bereits innerhalb der ersten Stunden nach Bolusgabe zu einem Abfall der Wirkstoffkonzentration unter die minimale Hemmstoffkonzentration für zahlreiche Keime [3]. In späteren Krankheitsphasen führt zunehmendes Organversagen häufig zu einer kompromittierten Metabolisierung und Ausscheidung mit potentiell toxischen Wirkstoffkonzentrationen, die mit unerwünschten Arzneimittelwirkungen verbunden sein können. Vor dem Hintergrund der oben aufgezeigten pathophysiologischen Veränderung erscheinen Standarddosierungen („one size fits all“) von Antibiotika beim septischen Patienten nicht zielführend. Das Messen von Serumkonzentrationen im Rahmen eines TDM kann hier den diagnostischen Blick verfeinern und die antiinfektive Therapie optimieren.

Für ein TDM bei Intensivpatienten sprechen zusammenfassend [2], [3], [4]:

  • Hohe Variabilität der Verteilung, Metabolisierung und Ausscheidung von antiinfektiven Arzneistoffen bei kritisch kranken Patienten
  • Klinisch relevante Interaktionen, die zu massiven Über- oder Unterdosierungen führen können
  • Organfunktionsstörungen (Leber, Niere)
  • Einsatz extrakorporaler Verfahren (z.B. Nierenersatzverfahren)
  • Etablierte PK/PD-Modelle für Antibiotika, die klare Zusammenhänge zwischen erreichten Serumspiegeln und erfolgreicher Therapie belegen
  • Das Fehlen von zuverlässigen Parametern zur Beurteilung des Therapieerfolgs in den entscheidenden ersten 24–48 h der Therapie
  • Zunehmendes Auftreten multiresistenter Erreger ohne neue Therapieoptionen

Die Antibiotikatherapie bei Intensivpatienten ist heute sicher mehr als nur eine Frage der richtigen Substanz und einer zeitnahen Applikation. Individuelle Dosierung, prolongierte Applikation und TDM eröffnen möglicherweise neue, interessante Horizonte.


Literatur

1.
Bodmann KF, Grabein B; Expertenkommission der Paul-Ehrlich-Gesellschaft für Chemotherapie e.V. Empfehlungen zur kalkulierten parenteralen Initialtherapie bakterieller Erkrankungen bei Erwachsenen. Update 2010. Chemother J. 2010;19(6):179-255. Verfügbar unter: http://www.chemotherapie-journal.de/archiv/artikel/2010/06/186.html External link
2.
Roberts JA, Abdul-Aziz MH, Lipman J, Mouton JW, Vinks AA, Felton TW, Hope WW, Farkas A, Neely MN, Schentag JJ, Drusano G, Frey OR, Theuretzbacher U, Kuti JL. Individualised antibiotic dosing for patients who are critically ill: challenges and potential solutions. Lancet Infect Dis. 2014;14:498-509. DOI: 10.1016/S1473-3099(14)70036-2 External link
3.
Roberts JA, Paul SK, Akova M, Bassetti M, De Waele JJ, Dimopoulos G, Kaukonen KM, Koulenti D, Martin C, Montravers P, Rello J, Rhodes A, Starr T, Wallis SC, Lipman J. DALI: Defining Antibiotic Levels in Intensive care unit patients: Are current beta-lactam antibiotic doses sufficient for critically ill patients? Clin Infect Dis. 2014;58(8):1072-83. DOI: 10.1093/cid/ciu027 External link
4.
Frey O, Köberer A, Röhr A, Fuchs Th, Brinkmann A. Therapeutisches Drug Monitoring (TDM) von Antiinfektiva bei kritisch Kranken. Intensiv-News. 2013; 17(4):16-8.