gms | German Medical Science

Jahrestagung der Gesellschaft für Medizinische Ausbildung (GMA)

26.09. - 28.09.2013, Graz, Österreich

Scham, Stress und der Erwerb praktischer Fertigkeiten

Vortrag

  • corresponding author Wolf Blaum - Charité - Universitätsmedizin Berlin, Lernzentrum, Berlin, Deutschland; Charité - Universitätsmedizin Berlin, Klinik für Anästhesiologie m.S. operative Intensivmedizin, Berlin, Deutschland
  • Therese Schröder - Charité - Universitätsmedizin Berlin, Lernzentrum, Berlin, Deutschland
  • Katja Anne Dannenberg - Charité - Universitätsmedizin Berlin, Lernzentrum, Berlin, Deutschland
  • Henrike Hölzer - Charité - Universitätsmedizin Berlin, Lernzentrum, Berlin, Deutschland
  • Maren März - Charité - Universitätsmedizin Berlin, Dieter Scheffner Fachzentrum, Berlin, Deutschland
  • Olaf Ahlers - Charité - Universitätsmedizin Berlin, Lernzentrum, Berlin, Deutschland; Charité - Universitätsmedizin Berlin, Klinik für Anästhesiologie m.S. operative Intensivmedizin, Berlin, Deutschland
  • Anke Thomas - Charité - Universitätsmedizin Berlin, Klinik für Gynäkologie und Geburtshilfe, Berlin, Deutschland

Jahrestagung der Gesellschaft für Medizinische Ausbildung (GMA). Graz, 26.-28.09.2013. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2013. DocV13_01

doi: 10.3205/13gma223, urn:nbn:de:0183-13gma2231

Published: August 20, 2013

© 2013 Blaum et al.
This is an Open Access article distributed under the terms of the Creative Commons Attribution License (http://creativecommons.org/licenses/by-nc-nd/3.0/deed.en). You are free: to Share – to copy, distribute and transmit the work, provided the original author and source are credited.


Outline

Text

Hintergrund: Der Erwerb von intimen Untersuchungstechniken ist in der Literatur ebenso wie die kontinuierliche Durchführung dieser Untersuchungen als schambesetzt beschrieben. Die Effekte von Scham auf das Erlernen schambesetzter Untersuchungstechniken sind ebenso wie der Zusammenhang von Schamgefühl und Stress bisher größtenteils unverstanden. In dieser prospektiven Studie wurde daher der Zusammenhang von Stress, Schamgefühl und Erwerb der einer schambesetzten Fertigkeit (Untersuchung der weiblichen Brust) untersucht.

Methoden: Die Schamprädisposition aller teilnehmenden 49 Studierenden der Medizin wurde jeweils mittels TOSCA-3 Fragebogen gemeinsam mit der Erhebung weiterer bekannter Confounder vor Studienbeginn ermittelt.

In einem ersten peer teaching wurde allen Studierenden die Untersuchung der weiblichen Brust demonstriert. Im Anschluss übten die Studierenden im Rahmen des Tutoriums die Untersuchung an isolierten Silikonbrüsten unter Anleitung und dokumentierten ihre Befunde. Danach wurden die Studierenden randomisiert, um die Untersuchungstechnik in einem zweiten Tutorium entweder an einer lebensgroßen Puppe (MQ-Gruppe) oder an den realen Brüsten einer Schauspielpatientin (SP-Gruppe) weiter zu üben. Zwei Tage nach diesem zweiten Training führten alle Studierenden eine Brustuntersuchung an einer Schauspielpatientin, die ein Brustmodell zum Umschnallen trug (SP+), durch und dokumentierten Ihre Befunde. Zwei verblindete Experten bewerteten Kommunikation und manuelle Durchführung der Untersuchung unabhängig voneinander anhand zuvor validierter Checklisten. Mittels ESS-Fragebogen wurde die situative Scham sowohl während des 2. Trainings als auch während der SP+ Untersuchung ermittelt. Gleichzeitig wurde Speichelcortisol als Stresskorrelat gemessen. Intra-individuelle Veränderungen wurden mittels Wilcoxon-Test und inter-individuelle Unterschiede mittel Mann-Whitney-U-Test bzw. Fishers Exact Test analysiert. Das Signifikanzniveau für alle statistischen Tests wurde auf p<0.05 fest gelegt.

Ergebnisse: Die Gruppen unterschieden sich nicht hinsichtlich der erhobenen Confounder.

Während des zweiten Trainings empfanden Studierende der MQ-Gruppe signifikant weniger aktuelle Scham und Stress als Studierende der SP-Gruppe. MQ-Studierende empfanden hingegen eine signifikante Zunahme von Scham und Stress zwischen zweitem Training und Untersuchung der SP+ während Studierende der SP-Gruppe eine signifikante Schamabnahme bei identischem Stressniveau erleben.

SP-Studierende erzielten in der Untersuchung und Dokumentation der SP+ signifikant bessere Ergebnisse als Studierende der MQ Gruppe.

Schlussfolgerung: Das Unterrichtsformat hat direkten Einfluss auf das situative Schamgefühl sowie die Stressreaktion Studierender beim Erwerb schambesetzter, manueller Fertigkeiten. Scham und Stress scheinen dabei teilweise voneinander unabhängige Einflüsse zu haben.