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EbM zwischen Best Practice und inflationärem Gebrauch
16. Jahrestagung des Deutschen Netzwerks Evidenzbasierte Medizin

Deutsches Netzwerk Evidenzbasierte Medizin e. V.

13.03. - 14.03.2015, Berlin

Evidenzbasierte Medizin und Sozialrecht – Widerspruch oder Informationsdefizit ?

Meeting Abstract

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EbM zwischen Best Practice und inflationärem Gebrauch. 16. Jahrestagung des Deutschen Netzwerks Evidenzbasierte Medizin. Berlin, 13.-14.03.2015. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2015. Doc15ebmC2a

doi: 10.3205/15ebm011, urn:nbn:de:0183-15ebm0118

Published: March 3, 2015

© 2015 Weingart.
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Hintergrund: Grundsätzlich gilt, dass die Versorgung von Patienten in der GKV u.a. dem in §§ 2 Abs. 1 und § 12 Abs. 1 Sozialgesetzbuch(SGB)-V festgelegten Qualitäts- und Wirtschaftlichkeitsgebot entsprechen muss. Der Begriff der Evidenzbasierten Medizin (EbM) wurde im Kontext von Qualitätsindikatoren im Jahre 2000 in das SGB-V eingeführt.

Die Diskussion um eine unzureichende Kostenübernahme der Liposuktion durch die GKV führte 2011 zur Erstellung eines Gutachens Liposuktion bei Lip- und Lymphödemen durch den MDK (www.sindbad-mds.de), welches ausführlich die unzureichende Datenlage und das damit verbundene Qualitätsproblem darstellt.

Methodik: Zur Frage ob dieses auch der gerichtlichen Überprüfung standhält, wurde nach mindestens zweitinstanzlichen (LSG / BSG) Urteilen in den Datenbanken sozialgrichtsbarkeit.de, dejure.org gesucht und Eckpunkte der Urteilsbegründungen im Kontext dargestellt.

Ergebnisse: Es wurde 9 nach 2012 verkündete LSG Urteile aus beiden Versorgungsektoren identifiziert. In nur einem LSG Urteil wurde unter Verweis auf den sog. Verbotsvorbehalt im Krankenhaus (§ 137c) eine Leistungspflicht der GKV gesehen, während bei 2 Verfahren unter Verweis auf den sog. Erlaubnisvorbehalt (§ 135) der Wunsch nach ambulanter Therapie abgelehnt wurde.

In 4 Fällen (davon 3 stationäre) wurde von den LSG das Begehren mit Verweis auf die mangelnde Evidenz und Verweis auf das Gutachten abgelehnt. Nur in einem Fall wurde primär ein kosmetisches Problem gesehen. Sowohl in der ärztlichen Fach- als auch Laienpresse werden hingegen meist nur 2 Urteile zum Thema Liposuktion dargestellt (davon ein Erstinstanzliches), welche die Kasse zur Leistung verpflichteten.

Die Diskussion über die mit unzureichenden Evidenz verbundenen Qualitätsprobleme wird auch von den Sozialgerichten entscheidungsrelevant berücksichtigt. So wurde in anderem Kontext aktuell vom BSG u.a. im März 2013 festgestellt, dass das Qualitätsgebot des SGB V wissenschaftlich einwandfrei durchgeführter Studien die zuverlässige, wissenschaftlich nachprüfbare Aussagen zur Qualität und Wirksamkeit der Methode im Einzelfall erlauben fordert.

Schlussfolgerung: Das SGB V bietet den rechtlichen Rahmen für eine Qualitätsorientierte Evidenzbasierte Versorgung von GKV Versicherten.

Die Rechtsauslegung der Sozialgerichte erfordert in allen Versorgungsbereichen zunehmend eine Evidenzbasierte Entscheidung.

Die Darstellung in (ärztlichen) Informationsmedien im Sinne eines "Sozialrechtlichen-Informationsbias" führt dazu, dass Ärzte, Patienten und Versicherte hierüber nur unzureichend informiert werden.