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Führt Leitlinienwissen zu leitliniennahem Handeln? Eine explorative Studie am Beispiel kardiovaskulärer Leitlinien
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Published: | March 4, 2009 |
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Hintergrund
Eine große Varianz im Kenntnisstand von niedergelassenen Ärzten und Ärztinnen bezüglich der Therapieempfehlungen bei Herzkreislauferkrankungen [1], [2], [3] ist belegt. Die daraus resultierenden Folgen für die Behandlungsqualität sind noch wenig untersucht.
Die vorliegende Studie analysiert die hausärztliche Leitliniencompliance beispielhaft an drei ausgewählten Herzkreislauferkrankungen (Hypertonie, Herzinsuffizienz, chronische KHK). Als Teilaspekt der Studie wird der Frage nachgegangen, wie sich Ärzte mit guter Leitlinienkenntnis von Ärzten mit geringer Leitlinienkenntnis in ihrer konkreten Behandlungsqualität unterscheiden.
Methoden
Im Rahmen von Praxisaudits wurden die Daten von 1300 Patienten aus 30 Praxen der hausärztlichen Versorgung analysiert sowie eine kurzes Arztinterview durchgeführt. Zur Überprüfung der Leitliniennähe des ärztlichen Handelns wurde im Vorfeld ein leitlinienbasiertes Indikatorenset zu diagnostischen, medikamentösen und nichtmedikamentösen Maßnahmen entwickelt. Zielerkrankung waren Hypertonie, KHK und Herzinsuffzienz. Aus einer vorangegangenen postalischen Befragung (n= 2500) war bekannt, ob die teilnehmenden Ärzte über ein adäquates bzw. inadäquates Leitlinienwissen verfügen.
Ergebnisse
Insgesamt bestand bei den Ärzten die Einschätzung, leitlinienkonform zu behandeln. Anhand der Praxisdaten zeigt sich, dass sich in Bezug auf die ausgewählten Indikatoren die Gruppe der Ärzte mit inadäquatem Leitlinienwissen in ihren Behandlungsstrategien nicht wesentlich von der Gruppe der Ärzte mit adäquatem Leitlinienwissen unterscheiden. Entgegen aller Erwartungen weist in vielen Fällen die Behandlung durch Ärzte, deren schriftlich dargelegte Behandlungsstrategie nicht den Leitlinienempfehlungen entsprach, eine höhere Leitliniennähe auf. Darüber hinaus geben die Praxisdaten Hinweise, dass kardiovaskuläre Risikosituationen oder auch Multimorbidität keine den Behandlungsprozess vorrangig beeinflussende Faktoren sind.
Schlussfolgerung/Implikation
Vor dem Hintergrund einer fehlenden Korrelation zwischen kardiovaskulären Leitlinienkenntnissen und leitliniennaher Therapie sind primär kognitive Vermittlungsstrategien bezüglich einer Steigerung der Versorgungsqualität hinsichtlich ihrer Effizienz in Frage zu stellen.
Literatur
- 1.
- Flesch M, Komajda M, Lapuerta P, Hermans N, Pen CL, Gontales-Juanatey JR et al. Leitliniengerechte Herzinsuffizienzbehandlung in Deutschland. Dtsch med Wochenschr. 2005;130:2191-7.
- 2.
- Hagemeister J, Schneider A, Barabas S, Schadt R, Wassmer G, Mager G et al. Hypertension guidelines and their limitations – the impact of physicians' compliance as evaluated by guideline awareness. Hypertens. 2001;19:2079-86.
- 3.
- Komajda M, Follath F, Swedberg K, Cleland J, Aguilar JC et al. The EuroHeart Failure Survey programme – a survey on the quality of care among patients with heart failure in Europe – Part 2: treatment. European Heart Journal. 2003;24:464-74.