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17. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

10. - 12.10.2018, Berlin

Zeit zwischen Verdachtsdiagnose und bestätigter Diagnose eines Morbus Crohn oder einer Colitis ulcerosa bei Patienten in gastroenterologischen Praxen in Deutschland

Meeting Abstract

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  • Karel Kostev - IQVIA, Epidemiologie, Frankfurt am Main
  • Silvia Dombrowski - IQVIA, Epidemiologie, Frankfurt am Main
  • Marcel Konrad - FOM Hochschule, Gesundheit & Soziales, Frankfurt am Main

17. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung (DKVF). Berlin, 10.-12.10.2018. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2018. Doc18dkvf330

doi: 10.3205/18dkvf330, urn:nbn:de:0183-18dkvf3301

Published: October 12, 2018

© 2018 Kostev et al.
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Hintergrund: In Deutschland waren im Jahr 2010 rund 744 Personen pro 100.000 Einwohner von chronisch entzündlichen Darmerkrankungen betroffen. Neuere Studien haben gezeigt, dass die frühzeitige, intensive Kontrolle dieser Erkrankungen durch die Verordnung von immunsuppressiven und biologischen Arzneimitteln mit einer besseren Prognose assoziiert ist. Da die mit einer entzündlichen Darmerkrankung assoziierten Symptome nicht spezifisch sind (d.h. Durchfall, Bauchschmerzen oder verminderter Appetit) und sich im Laufe der Zeit verändern können, haben einige Studien leider signifikante Verzögerungen bei der Diagnose von MC und CU ergeben.

Fragestellung: Wieviel Zeit vergeht zwischen Verdachtsdiagnose und bestätigter Diagnose eines Morbus Crohn (MC) oder einer Colitis ulcerosa (CU) bei Patienten in gastoenterologischen Praxen in Deutschland und von welchen Faktoren hängt diese ab?

Methode: Die Studie umfasste Personen, die zwischen Januar 2007 und Dezember 2016 eine MC- oder CU-Verdachtsdiagnose erhalten hatten (Indexdatum) und in 47 gastroenterologischen Praxen in Deutschland behandelt wurden. Das wichtigste Outcome der Studie war die Zeit zwischen Verdachtsdiagnose und bestätigter Diagnose eines MC oder einer CU. Die Kovariablen waren Alter, Geschlecht und Art der Krankenversicherung (privat oder gesetzlich). Ein multivariates lineares Regressionsmodell wurde verwendet, um den Einfluss der verschiedenen Variablen auf die Zeit zwischen Verdachtsdiagnose und bestätigter MC- oder CU-Diagnose zu analysieren.

Ergebnisse: Die Studie umfasste 2.657 Patienten mit einer MC- oder CU-Verdachtsdiagnose zwischen 2007 und 2016. Das Durchschnittsalter betrug 39,7 (SA: 15,9) Jahre in der MC-Gruppe bzw. 41,3 (16,8) Jahre in der CU-Gruppe. Die mediane Zeit zwischen Verdachtsdiagnose und bestätigter Diagnose betrug 46 Tage in der MC-Gruppe und 43 Tage in der CU-Gruppe. Die mediane Zeit reichte in den verschiedenen gastroenterologischen Praxen von 8 Tagen bis zu 112 Tagen und war bei privatversicherten Personen deutlich kürzer als bei gesetzlich Krankenversicherten.

Diskussion/Schlussfolgerung: Die mediane Zeit zwischen Verdachtsdiagnose und bestätigter Diagnose eines MC oder einer UC betrug bei Patienten in gastroenterologischen Praxen in Deutschland circa 45 Tage. Die Art der Krankenversicherung war der einzige Faktor, der diese Zeit maßgeblich beeinflusste. Die Tatsache, dass Privatversicherte bevorzugt werden, lässt sich leicht erklären. Ärzte können bei ihnen fast sämtliche Leistungen abrechnen, während gesetzliche Krankenkassen für ihre Patienten oft nur eine Pauschale pro Quartal bezahlen, unabhängig von der Anzahl der Besuche des behandelten Patienten. Die Bevorzugung der Privatversicherten ist eine Folge des enormen Drucks, den die gesetzlichen Krankenkassen auf die Ärzte ausüben.

Praktische Implikationen: Weitere Studien sind erforderlich, um ein besseres Verständnis der soziodemografischen und klinischen Faktoren zu erlangen, die möglicherweise mit einer verzögerten Diagnose eines MC oder einer CU assoziiert sind.