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27. Wissenschaftliche Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Phoniatrie und Pädaudiologie e. V.

Deutsche Gesellschaft für Phoniatrie und Pädaudiologie e. V.

17.09. - 19.09.2010, Aachen

Die Larynxsarkoidose – eine klinische Blickdiagnose?

Poster

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Deutsche Gesellschaft für Phoniatrie und Pädaudiologie. 27. Wissenschaftliche Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Phoniatrie und Pädaudiologie (DGPP). Aachen, 17.-19.09.2010. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2010. Doc10dgppP15

doi: 10.3205/10dgpp46, urn:nbn:de:0183-10dgpp461

Published: August 31, 2010

© 2010 Zimmer et al.
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Zusammenfassung

Hintergrund: Bei der Sarkoidose handelt es sich um eine chronisch granulomatöse Systemerkrankung, die sich im Kopf-Hals-Bereich zumeist als Lymphknoten-Sarkoidose oder als Heerfordt-Syndrom manifestiert. Diagnostisch beweisend ist das histopathologische Bild. Anhand eines Fallberichtes wollen wir zeigen, dass schon das klinische Bild der seltenen Larynxsarkoidose wegweisend sein kann.

Material und Methoden: Eine 30-jährige Patientin berichtete bei der Erstvorstellung in unserer Ambulanz über ein Kloßgefühl im Hals und rezidivierende Larynxschwellungen. Sie sei ein Jahr zuvor wegen eines Löfgren-Syndroms behandelt worden. Die Familienanamnese war positiv.

Ergebnisse: Klinisch stellte sich eine für die Sarkoidose typische teigig-ödematöse Schwellung der supraglottischen Schleimhaut dar. Die histopathologische Untersuchung eines lasermikrochirurgisch entnommenen Präparates ergab eine granulomatöse Lymphadenitis. Nach Ausschluss einer erneuten systemischen Manifestation wurde die Diagnose einer laryngealen Sarkoidose gestellt und eine Glukokortikoidtherapie eingeleitet. Hierunter waren die endoskopischen Befunde rückläufig und die Patientin beschwerdefrei.

Diskussion: Unter Würdigung der Literatur darf das endoskopische Bild als pathognomisch angesehen werden. Die histologische Sicherung bedarf eines repräsentativen Resektates.


Text

Einleitung und Hintergrund

Die Sarkoidose ist eine granulomatöse systemische Erkrankung, die vor allem die Lungen und das lymphatische System betrifft. Sie ist zytologisch und histopathologisch durch nicht-nekrotisierende epitheloidzellige und riesenzellige Granulome charakterisiert, die prinzipiell in allen Organen auftreten können. Die histologische Definition erfolgte 1898 durch C. Boeck kurz nach der Erstbeschreibung durch J. Hutchinson. Zum Beginn des 20. Jahrhunderts wurden die ersten Fälle einer laryngealen Sarkoidose von V. Klingmüller (1907), B. Bloch (1907) und C. Grouven (1919) beschrieben. In neueren Veröffentlichungen zur laryngealen Sarkoidose von Imura et al. [1], Kaira et al. [2] und Genard et al. [3] wurden Patienten mit Symptomen wie Atemnot und Globusgefühl beschrieben, bei denen dann durch eine klinische und histologische Untersuchung die Diagnose gestellt wurde. Klinisch imponierte eine teigige Schwellung des Larynx.

Material und Methoden

In unserem geschilderten Fall handelt es sich um eine 30-jährige Patientin, die sich im Frühjahr 2009 erstmals in unserer Abteilung vorstellte. Dabei gab sie Beschwerden im Kopf-Hals-Bereich eine Dysphonie und Schluckstörungen an.

Die Patientin berichtete bei der Vorstellung, dass sie schon seit Herbst 2008 unter einem Globusgefühl im Hals leide. Seit Weihnachten 2008 seien rezidivierende Larynxschwellungen diagnostiziert worden, welche durch die ambulante HNO-Ärztin erfolgreich mit Cortison behandelt worden seien.

Im Frühjahr 2008 habe sie an heftigem Fieber, einer schmerzhaften Schwellung beider Sprunggelenke und einem Erythema nodosum gelitten. Weiterhin hätten Symptome wie eine thorakale Enge, Thoraxschmerzen, eine Belastungsdyspnoe sowie eine Schwindelsymptomatik mit Gangunsicherheit bestanden sowie Lymphknotenschwellungen cervikal und nuchal. Die Untersuchungen im Rahmen einer stationären Behandlung und nachfolgenden ambulanten Untersuchungen habe eine Ischämie über der Hinterwand des Herzens ergeben, welche sich bei der Nachuntersuchung nicht mehr darstellen ließ.

Bei der phoniatrischen Untersuchung imponierte klinisch bei der Lupenlaryngoskopie eine ausgeprägte Schleimhautschwellung über den Aryknorpeln und der Epiglottis (s. Abbildung 1 [Abb. 1]); stroboskopisch fand sich ein inkompletter Glottisschluss. Beim RBH-Schema erreichte sie einen Normalbefund mit R0B0H0 bei „kloßiger“ Sprache.

Aufgrund weiter bestehender Larynxschwellungen führten wir am 13.10.2009 bei dem Verdacht auf eine Kehlkopfsarkoidose eine Mikrolaryngoskopie mit Probenentnahme aus der aryepiglottischen Falte durch.

Bei der ambulanten Nachuntersuchung im Dezember 2009 berichtete die Patientin über Beschwerdefreiheit. Klinisch konnte man eine gering teigige Schwellung beider Aryknorpel sowie der Epiglottis sehen, das RBH-Schema zeigte erneut R0B0H0. Wir empfahlen aufgrund der Beschwerdefreiheit die ambulante HNO-ärztlichen Weiterbehandlung und Vorstellung in der Klinik bei Bedarf.

Ergebnisse

Das histologische Ergebnis der lasermikrochirurgisch entnommenen repräsentativen Probe war vereinbar mit einer laryngealen Sarkoidose.

Die Therapie wurde mit Cortison durchgeführt. Darunter kam es zum Symptomrückgang und zur Beschwerdefreiheit.

Diskussion

Die Symptome sprachen in der Zusammenschau und mit der Vorgeschichte der Patientin für das Vorliegen einer laryngealen Sarkoidose mit einer kardialen und pulmonalen Manifestation bei vormaliger Verdachtsdiagnose eines Löfgren-Syndroms.

Da die Sarkoidose als potentielle Multi-Organ-Erkrankung bezeichnet werden kann, präsentieren sich Patienten mit unterschiedlichen klinischen Krankheitsbildern. Die klinische Palette ist breitgefächert und reicht vom Monoorganbefall bis hin zum Multiorganbefall. Wichtig ist, dass ein histopathologischer Organbefall nicht mit einer Funktionseinbuße des betreffenden Organs gleichzusetzen ist. Des Weiteren beeinflussen das Geschlecht, die ethnische Herkunft, das Alter und genetische Faktoren sowie der spezifische Organbefall und Umweltfaktoren die Sarkoidose.

Die Ätiologie ist seit der Erstbeschreibung durch C. Boeck nach wie vor nicht gesichert. Es werden Inhalationsnoxen, virale Agenzien und immunpathologische Erkrankungen diskutiert.

Zu den unspezifischen klinischen Manifestationen zählen Mattigkeit, Muskelschwäche, Gelenkbeschwerden, subfebrile Temperaturen, Gewichtsabnahme sowie allgemeines Krankheitsgefühl und Nachtschweiß.

Bei 90% der Patienten besteht eine Lungenbeteiligung. Die Patienten klagen neben den Allgemeinsymptomen über thorakales Engegefühl, Reizhusten oder Belastungsdyspnoe.

Differentialdiagnostisch muss eine koronare Herzerkrankung ausgeschlossen werden.

In der Lungenfunktion können obstruktive Ventilationsstörungen festgestellt werden. Granulome können neben dem Befall des Lungenparenchyms und der intrathorakalen Lymphknoten auch in der Schleimhaut des Larynx, der Trachea und der Bronchien auftreten.

Schlussfolgerung

Vor allem das klinische laryngoskopische Bild hat zur Diagnose der laryngealen Sarkoidose und somit zur Bestätigung des Löfgren-Syndroms geführt. Der Befund ist pathognomisch. Es handelt sich also um eine Blickdiagnose, deren histologische Sicherung durch eine mikrolaryngoskopische Probeentnahme gesichert werden kann.


Literatur

1.
Imura J, et al. A case of laryngeal sarcoidosis difficult to diagnose. Nippon Jibiinkoka Gakkai Kaiho. 2008;111(11):701-4. DOI: 10.3950/jibiinkoka.111.701 External link
2.
Kaira K, et al. Laryngeal sarcoidosis detected by FDG positron emission tomography. Clin Nucl Med. 2008;33(12):878-9. DOI: 10.1097/RLU.0b013e31818bf2f5 External link
3.
Genard F, et al. Laryngeal sarcoidosis: case report. Rev Laryngol Otol Rhinol (Bord). 2009;130(2):133-6.